Montag, 14. Mai 2007

Die Angst des Schalkers vor der Schale

Ironie des Schicksal: Nach genau sechs Jahren ist Schalke erneut vom VfB Stuttgart ins Tal der Tränen gestürzt worden. Nun heißt es wohl "Schale adé".

Es ist Samstag, der 12.Mai, 16:49 Uhr: Mario Gomez erzielt mit seinem ersten Ballkontakt den Ausgleich für den VfB in Bochum und weg ist sie – die Schalker Tabellenführung. Und es sieht ganz danach aus, als wenn dies der allerletzte Moment in dieser Saison gewesen ist, der Schalke solche Höhenluft schnuppern ließ.

Lethargisch, nervös, ideenlos. So hat sich S04 in Dortmund (ausgerechnet in Dortmund) präsentiert. In Bochum war noch eine Menge Pech dabei, letzten Samstag anscheinend nur Unvermögen, die Spitzenposition einmal bis zum 34. Spieltag zu halten. Große Töne hatten sie gespuckt. Gerald Asamoah plante schon offiziell seinen Fußmarsch zurück nach Gelsenkirchen und Manuel Neuer dachte laut darüber nach, ihn auf dem Rad zu begleiten. Irgendwie sind es immer Sprichwörter die so etwas am besten beschreiben: Hochmut kommt vor dem Fall.

Mit großer Wahrscheinlichkeit – es sei denn Stuttgart verliert gegen Cottbus, das zuletzt spielte, als ob die Sommerpause schon begonnen hätte und Schalke gewinnt gegen Bielefeld, oder Schalke siegt mit vier Toren Unterschied und Stuttgart spielt remis – müssen die Königsblauen nächstes Jahr ein trauriges Jubiläum begehen: 50 Jahre, ein halbes Jahrhundert ist er dann her der letzte Meistertitel. Selbst Eintracht Braunschweig und 1860 München, insgesamt elf Vereine, durften seit 1963 schon einen Titel bejubeln, Schalke war nicht dabei. Der Spott ist groß. „Ihr werdet nie Deutscher Meister“ tönt es von den Rängen, vom „Rekordmeister der Herzen“ ist die Rede.

Im Winter ist Gazprom bei Schalke 04 eingestiegen und pumpt angeblich bis zu 25 Millionen jährlich in den Verein. Schalke, das ist eine Truppe aus zusammengekauften Söldnern ohne Zusammenhalt. Stuttgart, das ist eine junge Mannschaft, die erfrischenden Fußball spielt und aus nicht allzu viel eine ganze Menge macht. Auch wenn es sich abgelutscht anhört: Geld schießt nun mal keine Tore und vor allem schützt Geld nicht vor dem Versagen. Vor auf den Tag genau sechs Jahren, am 12.Mai 2001, hatte Krassimir Balakov mit seinem Last-Minute Tor den Anfang von Ende aller Schalker Meisterträume besiegelt. Dieses Jahr ist der VfB Stuttgart erneut der große Spielverderber. Nur diesmal werden die Schwaben selbst diejenigen sein, die davon am meisten profitieren.

Mittwoch, 2. Mai 2007

Es ist vollbracht

Und am Ende ging es ganz schnell: Die Borussia ist abgestiegen. Doch wie geht es jetzt weiter? Eine Momentaufnahme von einem Verein am Abgrund.

Zwischen Bielefelder Feierlaune und Bremer Niedergeschlagenheit ist er doch irgendwie zunächst etwas unbemerkt geblieben: Der definitive Abstieg von Borussia Mönchengladbach, das große Dilemma für den fünfmaligen Deutschen Meister. Der Abstand zum berüchtigten rettenden Ufer beträgt bei noch drei Spielen neun Punkte. Mathematiker werden einwerfen, dass rechnerisch doch noch was zu holen sei, aber: Da Frankfurt und Aachen, der 15. und 16.der Tabelle, am nächsten Wochenende aufeinander treffen und einer auf jeden Fall Punkten wird, bleibt nichts anderes übrig, als alle Mathematik über den Haufen zu werfen.

Mir selbst ist es erst am späten Abend klar geworden, dass das Übel nun doch schon besiegelt ist. Schmerzlos und kalkulierbar irgendwie. Als Fan mit Hang zum fußballerischen Sadismus (ohne den diese Saison aus Borussensicht kaum zu überleben ist) wäre man doch lieber live dabei gewesen. Am Ende ging es ganz schnell. Noch vor vier Wochen war die Hoffnung auf das Unwahrscheinliche bis Unmögliche sicher vorhanden, fünf Punkte betrug der Abstand zu Platz 15. Doch die anschließenden Partien gingen sang- und klanglos verloren – ohne auch nur einmal einen Treffer der eigenen Mannschaft bejubeln zu können. Insgesamt ist das bisher in 17 Spielen der Fall gewesen, 22 Tore in 31 Spielen, nur 2 Siege in den letzten 23, 11 Niederlagen mit 0:1 – vier Daten, die eine unmissverständliche Sprache sprechen.

Die Vertreter der „Was-wäre-gewesen-wenn“-Fraktion sind zwar herzlich eingeladen darüber zu philosophieren, ob man den Abstieg hätte verhindern können, wenn Jupp Heynckes schon in der Winterpause gegangen wäre. Oder wenn Peter Pander, dem heute bekanntlich nicht mehr als ein trauriges Kapitel der Gladbacher Vereinsgeschichte gebührt, einen Vollblutstürmer verpflichtet hätte anstatt mit Mikkel Thygesen einen zweitklassigen dänischen Außenstürmer zu kaufen. Die Abwehr kann es beim besten Willen nicht Schuld gewesen sein – denn die Borussia hat nur ein Tor mehr als die Bayern und Bremen kassiert.

Es sind wohl die strukturellen Probleme, die Gladbachs zweiten Abstieg nach 1999 besiegelt haben. Ein Präsident, der sich selbst fußballerisches Fachwissen abspricht. Ein Ex-Manager, der Spieler nach dem Zufallsprinzip zu kaufen schien. Ein Ex-Trainer, dessen Zeit schlichtweg vorbei war. Und sein Nachfolger, der auch nicht mehr als 9 Punkte aus 11 Spielen aufzuweisen hat – durchschnittlich im Vergleich zu Jupp Heynckes sogar noch weniger.

Zuletzt konnte man auch von Jos Luhukay nicht mehr hundertprozentig überzeugt sein. Meist nur mit einem Stürmer in der Startelf, dazu teils unverständliche Auswechslungen wie die von Federico Insúa im Spiel gegen den HSV. Letzten Samstag schießt Marko Marin die Amateure zum Sieg, aber warum war er nicht bei der ersten Mannschaft? Anstatt dem jungen René Schnitzler, dem mit 11 Toren besten Torjäger der U23 in der Regionalliga, mal einfach eine Chance zu geben, setzt Luhukay unentwegt auf Nando Rafael, der seit seinen Treffern gegen Berlin nur noch durch eine rekordverdächtige Zahl an Abseitsstellungen geglänzt hat. Hoffentlich war die Vereinsführung nicht zu voreilig, dem Trainer schon während der Saison einen Vertrag bis 2009 zu geben. Jedoch muss man auch bedenken, dass es fast unmöglich war für den Niederländer aus diesem Scherbenhaufen eine Truppe zu formen, die plötzlich Erfolg hat.

Wie sagt man so schön: Der Fisch stinkt zuerst am Kopf. Und es sieht so aus, als dürfe er bei Gladbach weiter stinken. In einer „Nacht- und Nebelaktion“ (Rheinische Post) ist Rolf Königs in seinem Amt bestätigt worden, allen Rücktrittsgedanken zum Trotz. Man kann nur gespannt sein, wie die Borussia das Unternehmen Wiederaufstieg in Angriff nimmt. Ihnen sollte jedoch klar sein, dass dies auf keinen Fall einfach wird. Trotzdem darf es kein anderes Ziel geben. Egal wie düster es momentan um den Traditionsklub vom Niederrhein, das einstige deutsche Aushängeschild in Europa neben dem FC Bayern, aussieht.