Montag, 31. Dezember 2007

Elf des Jahres (11)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Schluss, aus und vorbei! Aus einer 7 wird in 10 Stunden eine 8 und wir begrüßen das neue Jahr. Wenn ein altes geht und ein neues kommt, dann geschieht das nie ohne das "Tor des Jahres". Seit 37 Jahren wird von der Sportschau der beste Treffer des Jahres gekürt, die Siegeskriterien sind schwer zu definieren. Ein sensationeller Weitschuss, ein technisch hochwertiger Hackentreffer, der allseits beliebte Fallrückzieher oder gar ein weniger sehenswertes Tor, das jedoch der deutschen Nationalelf einen Titel bescherte. Aufgrund des letzten Kriteriums darf sich Simone Laudehr einiges ausrechnen, wenn Fußball-Deutschland im Januar aufgefordert wird, zum Hörer zu greifen oder am PC in die Tasten zu hauen. Ansonsten wird Diego mit seinem Lupfer aus 62,5 Metern kaum zu schlagen sein.

Damit nimmt die eindrucksvolle Serie von zwei Gladbacher Fohlen in Serie, die freudig die Sportschau-Medaille entgegennehmen durften, definitiv ein Ende. Die Web-Revolution hatte Kaspar Bögelund und Oliver Neuville zuletzt die prestigeträchtige Auszeichnung beschert. Eben die ganze Familie per E-Mail abstimmen lassen, der Oma einen Account einrichten, der Tante einen Laptop schenken und schon ist der Sieg unter Dach und Fach.

Dass kein Borusse ein Tor des Monats in Jahr 2007 erzielt hat, grenzt nicht gerade an ein Wunder - denn, wir erinnern uns grau, Tore waren rar bis zum Sommer. Roel Brouwers' 360-Grad-Flugkopball gegen Aue hat es nicht geschafft, genauso wenig Marcen Ndjengs Schuss aus 37 Metern gegen die Bayern, den er zwei Stunden vor Ablauf des Monats Oktober gerade noch rechtzeitig eingereicht hatte. Stellvertretend für 36 Treffer in der Hinrunde ist das 5:0 in Koblenz der 11. und letzte Vertreter in der Elf des Jahres.

Guten Rutsch ins neue Jahr! Auf den Aufstieg im Mai und den anschließenden Titelgewinn bei der EM 2008! Prost!

Sonntag, 30. Dezember 2007

Elf des Jahres (10)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Es gibt diese Tage, an denen die schillernde Fußballwelt von der Realität eingeholt wird. An denen Tore, Titel und Triumphe zur Nebensache verkommen. Im Alltagstrott von Bundesliga, Champions League und Länderspielen würdigt man jene Spieler, die tragisch auf dem Feld zu Tode gekommen sind, nur mit spärlichen Gedanken.
Marc-Vivien Foé, Miklos Feher, Antonio Puerta und heute Phil O'Donnell sackten allesamt leblos auf dem Platz zusammen, wie aus dem Nichts, ohne Vorwarnung. Eine Herzattacke riss sie aus dem Leben. In Motherwell, wo O'Donnell eine Legende ist, herrscht Trauerstimmung zum Jahreswechsel. Und deshalb ist der 10. und vorletzte Vertreter der Elf des Jahres auch ein ruhiger - stellvertretend in Gedanken an alle Menschen, die 2007 von uns gegangen sind.

Samstag, 29. Dezember 2007

Elf des Jahres (9)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

30. Juli 1966: England besiegt Deutschland im WM-Finale mit 4:2 nach Verlängerung. Das 3:2 durch Geoff Hurst geht als Wembley-Tor in die Geschichte ein und lässt Torwart Hans Tilkowski bis heute nicht in Ruhe. Tofik Bachramow geht ebenfalls in die Annalen ein als "russischer Linienrichter", der mit seinem geschulten Auge auf Tor entschied. Als Dank hat man in Aserbaidschan das Nationalstadion nach ihm benannt - was soll man dem hinzufügen?

29. April 1972: In einem legendären Spiel besiegt Deutschland das Mutterland des Fußballs in dessen Kathedrale Wembley mit 3:1 durch Treffer mit Hoeneß, Netzer und Müller. Viele wollen damals die beste deutsche Elf aller Zeiten gesehen haben, die mit Traumfußball später ihren ersten EM-Titel errang.

26. Juni 1996: EM-Halbfinale England-Deutschland. Und wieder behält die DFB-Elf im altehrwürdigen Wembley-Stadion die Oberhand. Im Elfmeterschießen versagen Gareth Southgate die Nerven, Köpke hält. Im Anschluss bucht Andy Möller das Ticket fürs Finale.

7. Oktober 2000: Vierte Episode des Evergreens
"Deutschland und das Wembley-Stadion". Es ist der letzte Auftritt der alten Arena, bevor die Bagger anrücken und den Neubau einleiten, der 2007 fertiggestellt werden soll. Im EM-Qualifikationsspiel gegen England erzielt Didi Hamann aus 32 Metern per Freistoß den Siegtreffer zum 1:0. David Seaman sieht - wie immer - nicht gut aus. Johannes B. Kerner konstatiert zum Abschluss: "Und wenn Wembley die Kathedrale des Fußballs ist, dann haben die Deutschen hier heute einen kräftigen Schluck Weihwasser gesoffen, das Gesangbuch geklaut und die Kerzen ausgepustet."
Dida Hamann wird demokratisch zum Namensgeber der neuen Brücke vor dem Stadion gewählt. Rein demokratisch natürlich, das sei nochmal gesagt. Am Ende erhält ein schnödes weißes Pferd den Vorzug.

22. August 2007: Wembley ist zurück und Deutschland lässt nicht lange auf sich warten. Im August dieses Jahres wird den Three Lions die Freude über Europas modernstes Stadion mächtig vermiest. Kuranyi und Pander mit einem fulminanten "Brandfackel"-Schuss drehen die frühe Führung der Engländer durch Frank Lampard. Keeper Robinson gräbt sich mit einem weiteren Bock sein eigenes Grab im Hinblick auf seine Karriere im englischen Tor. Philipp Lahm verdient sich als Abräumer vor der Abwehr Bestnoten. Die Wortneuschöpfung "Rumpfelf" wird - wie gesagt - neu geschaffen. Die deutschen Fans singen "Wir ham ein Heimspiel in Wembley" und zum gefühlten ersten Mal feiert eine deutsche Nationalelf einen Sieg mit der in unseren Gefilden inzwischen obligatorischen "Humba". Ein weiterer legendärer Fußball-Abend in London, der geradezu nach einer Fortsetzung schreit.

Freitag, 28. Dezember 2007

Elf des Jahres (8)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Scott McDonald hat Celtic gerade in letzter Sekunde in Führung geschossen. Die Anhänger reißen vor Freude fast das Stadion ab. Die Spieler stürmen auf die Tribüne zu. Die alten Männer aus Mailand sind geschlagen. Nach der letzten Tor- und Jubelzeitlupe liegt plötzlich deren Keeper Dida am Boden.
Ein Mann wie ein Baum, der die Regenwälder des Amazonas mit einer Hand roden könnte, ist von einem Fan zu Fall gebracht worden. Oder besser gesagt: Der freudentrunkene Celtic-Fan hat den Brasilianer beinahe zu Tode "gekitzelt". Dida will ihm noch hinterher stürmen. Doch seine alten Beine tragen ihn nicht mehr weit, schwer getroffen sackt der Hüne zusammen und wird Minuten später auf einer Bahre vom Feld getragen.
Dida hat es auch nicht leicht. Erst schießt man ihn vor ein paar Jahren im Derby gegen Inter mit einer Leuchtrakete ab und dann diese böse, hinterhältige Backpfeife. Seine Verletzung durfte der 34-jährige in Ruhe auskurieren. Die UEFA sperrte ihn nachträglich für zwei Partien in der Königsklasse. Absitzen musste er nur eine - die Kitzelattacke hat eben doch ein bisschen "Aua" gemacht, was vom Verband gnädig ins Strafmaß einbezogen wurde.

Donnerstag, 27. Dezember 2007

Elf des Jahres (7)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Diego Armando Maradona hat schon viele Klone seiner eigenen Genialität kommen und gehen sehen. Kaum erblickt ein kleiner, technisch versierter und pfeilschneller Spieler die Fußball-Welt, da wird ihm der Titel um den Hals gehängt. Vorzugsweise einem Argentinier. Somit beherbergt jedes halbstarke Gebiet, jedes mickrige Gebirge dieser Welt mittlerweile seinen eigenen Maradona.
Im Buch "Fußball Unser" (sehr genial, nur so nebenbei erwähnt) sind sie allesamt aufgeführt - vom Alpen- bis zum Bosporus-Maradona.
Wenn es seit dem fußballerischen Ableben des Mannes, der auf dem Platz stets auf die Unterstützung Gottes zählen konnte, überhaupt einen Spieler gegeben hat bzw. gibt, der seinen Namen am würdigsten als Bürde trägt, dann bleibt kaum ein anderer als Lionel Messi.
Am 18.April setzt der fast kleine Lionel ausgerechnet in der eigenen Hälfte zum Sprint an und lässt den Ball erst kurz vor der Torlinie wieder vom Fuß. Wenn da nicht mal ein Hauch Göttlichkeit im Spiel gewesen ist.
Im folgenden Video, das die Geniestreiche Maradonas und Messis nebeneinander blendet, erscheint nur die Bildqualität anders. Immerhin werden beide Tore von 21 Jahren getrennt. Selbst die hinterherhechelnden und verzweifelt grätschenden Abwehrspieler könnten dieselben sein.

Mittwoch, 26. Dezember 2007

Elf des Jahres (6)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Michael Ballacks persönliches Fußballjahr 2007 gibt wenig Anlass, sich über seine Leistungen auf dem Feld auszulassen. Zu selten durfte der "Capitano" der deutschen Nationalelf seine Klasse unter Beweis stellen. Für Deutschland trug er in diesem Jahr nur zweimal den Adler auf der Brust - gegen die Schweiz und Tschechien. Die Angst vorm Karriereende ist passé. Seit heute ist Ballack zurück. Mit einem perfekten Freistoß brachte er seine Blues am Boxing Day kurz vor dem Ende gegen Aston Villa in Front. Zum Sieg reichte es dennoch nicht.
Aber der ehemalige Chemnitzer, Lauterer, Leverkusener und Münchener ist zurück. Allein das zählt - vor allem im Hinblick auf die EM 2008.

Dienstag, 25. Dezember 2007

Elf des Jahres (5)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Wenn sich die ZEIT dem Thema Fußball widmet, dann muss die Thematik schon weit hinausgehen über wetzende Stollen, stramme Waden und schweißgenässte Trikots. Als Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern seine inzwischen in die Annalen eingegangen Wutrede mit dem Titel "Populistische Scheiße" gehalten hatte, kam auch das wuchtige Wochenblatt nicht um eine Story herum. Fußballerischer Klassenkampf à la Marx, Scampis gegen Fangesänge, 7000 Euro gegen 7 Euro - die Diskrepanz zwischen arm und reich hat den Fußball spätestens in diesem Jahr erreicht. Und wenn's bei den Deutschen ihre liebste Sportart um gesellschaftliche Themen geht, dreht man sich eben auch bei der ZEIT um's Leder.

Schmackhafte Scampis, garniert mit Limonensauce à la Chelsea - dazu roter Weinheim 90er Jahrgang. Als Nachspeise "populistische Scheiße" mit Sauce "Was glaubt ihr, wer ihr seid?":

Montag, 24. Dezember 2007

Elf des Jahres (4)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Teil 3 der Sportschau-Konferenz vom 12.05.2007, da Teil 2 bei YouTube nicht aufzufinden ist

Sonntag, 23. Dezember 2007

Elf des Jahres (3)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

"Ihr werdet nie deutscher Meister, niiieee deutscher Meister" - wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu werden. Schalke schlittert auch im 49. Jahr nach dem letzten Meistertitel an der Schale vorbei. "Angst essen Seele auf" nennt man das im Fall des FC Schalke 04.
Bremen wollte nicht Meister werden, Schalke war nicht in der Lage dazu, also riss sich sensationell der VfB Stuttgart den Titel unter den Nagel.
Mario Gomez schießt seinen Verein nach langer Verletzung zum Titel, ausgerechnet Dortmund vermasselt es den königsblauen Reviernachbarn, all das sind Geschichten, die der Fußball schreibt.
Heute der erste von drei Teilen der Sportschau-Konferenz vom wegweisenden 33.Spieltag der Saison 2006/2007.

Samstag, 22. Dezember 2007

Elf des Jahres (2)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Bela Réthy, Marcel Reif - viele so genannte Experten zählen inzwischen auch Wolff-Christoph Fuss zu Deutschland besten Kommentatoren. Seine eigenwillige Sprache ("da kommt der Bus"=Grätsche, "langer Hafer"=lange Pässe), seine intensive Spielbetrachtung und seine Emotionen machen ihn gewiss zu einem, der im Gedächtnis haften bleibt.
Spannend ging es am 1.Mai 2007 beim Champions-League-Halbfinale zwischen Liverpool und Chelsea zu. Nach einem einseitigen Elfmeterschießen buchten die Reds das Ticket fürs Finale in Athen, wo sie am Ende dem alten Herren des AC Milan unterlagen.

Freitag, 21. Dezember 2007

Die Elf des Jahres (1)

Nein, die Elf des Jahres besteht hier nicht aus einem Torwart, einer Viererkette, einer Mittelfeldraute und zwei Mittelstürmern. Elf Videos zeigen, was die Fußballwelt im letzten Kalenderjahr bewegt hat - egal ob im großen Stile oder als kleine Randnotiz.

Wir schreiben den 20.April 2007. Werder Bremen empfängt im Freitagsspiel der Bundesliga Alemannia Aachen. Der Aufsteiger steht am 26. Spieltag bereits vor dem Klassenerhalt - Platz neun, 33 Punkte, sechs aufs die Abstiegsränge. Fünf Wochen später heißt der Gegner Werder Bremen, die Domstädter reisen mit einem Rucksack von drei Niederlagen in Serie ins Weserstadion. Nach zwei Minuten erzielt Pinto die überraschende Führung. Eine ganze Halbzeit lang hält die schwarz-gelbe Defensive dem wütenden Bremer Angriffswirbel stand, bis Jensen und Rosenberg mit einem Doppelschlag das Spiel drehen.

In der Nachspielzeit hat Aachen die Möglichkeit den Ausgleich zu erzielen. Sie werfen alles nach vorne, sogar ihren Keeper Kristian Nicht. Der bekommt Sekunden später eines der denkwürdigsten und überragendsten Tore der Bundesliga-Geschichte eingeschenkt. Schlaudraffs Freistoß wird abgewehrt, der Ball kommt zu Diego. Aus sage und schreibe 62,5 Meter nimmt der kleine Brasilianer Maß, der Schuss wird lang und länger, setzt auf und hüpft von der Unterkante der Latte ins Tor.

Freud' und Leid sind in dieser Szene ganz eng beisammen: Werder steht auf Platz zwei, Diego kriegt sich kaum ein vor Freude, während Kristian Nicht erschöpft und geschlagen am eigenen Strafraum zusammensackt. Sein 80-Meter-Sprint war umsonst.
Der englische Kommentator verleiht diesem Video noch etwas Einzigartiges, seine Stimmung bewegt sich nämlich eher auf Diego-Niveau. Dessen Tor, für ihn ein "touch of brilliance". Doch auch sein Mitleid für Kristian Nicht ist bemerkenswert. Lobenswert zudem sein Bemühen, den Ungeheuern der deutschen Sprache wie Schlaudrauff, Alemannia Aachen oder Energie Cottbus nicht klein bei zu geben. Da hat man doch schon ganz anderen phonetischen Untergängen englischsprachiger Reporter gelauscht - Bastian Stainschwaiger, Schlacke 04 oder Bolusia Mondjenglabak seien nur als Beispiel genannt.

Die Alemannia rutschte an jenem 30.Spieltag übrigens auf einen Abstiegsplatz ab, den sie bis zum Saisonende nicht mehr verließ. Wie es heute am Tivoli aussieht, wissen wir alle. Dank Diego? Den wird's eher peripher tangieren.

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Frohe Weihnachten in Europa

Was ist der deutsche Fußball in den letzten Monaten gescholten worden aufgrund seiner Verdienste im Europacup. Pünktlich zu Weihnachten ist nun Ruhe eingekehrt.

Nürnberg hat es heute den Bayern, Leverkusen und dem HSV gleich gemacht und das Ticket für die Runde der letzten 32 des UEFA-Cups gebucht. Ein 3:1 beim griechischen Vertreter vom AE Larisa genügte für Platz zwei in der durchaus harten Gruppe mit dem FC Everton, dem russischen Meister Zenit St.Petersburg und dem holländischen Fast-Meister AZ Alkmaar. Dennoch war derErfolg bei Larisa eigentlich eine reine Pflichtaufgabe. Der Pokalsieger aus Griechenland hat gerade einmal zwei seiner letzten 16 Pflichtspiele gewonnen. Dem Club wird’s egal sein. Auf einem Abstiegsplatz, aber immer noch auf europäischer Bühne mitmischen - wer kann das schon von sich behaupten? Das ruft nach einem Rotkäppchen-Sekt, Herr Meyer.

Fünf deutsche Teams im UEFA-Cup, Schalke im Achtelfinale der Champions League – nach Wochen und Monaten der Schelte liest sich die Bilanz der deutsche Vertreter im Europapokal geradezu makellos. Allein Meister Stuttgart musste bisher die Segel streichen. Letzten Winter zählte der Kreis der besten 48 Klubs in Europa nur drei Teams aus der Bundesliga. Diesmal ist es ein halbes Dutzend, wie zuletzt vor zwei Jahren. Bayern, Bremen, Schalke, Hamburg, Leverkusen und Hertha waren es damals. Die nächste Runde erreichten drei. Bleibt zu hoffen, dass es diesmal mehr werden. Die Chancen stehen gut. Leverkusen, Bayern und Hamburg erwarten einen Gruppendritten und genießen Heimrecht im Rückspiel. Werder trifft auf einen Zweitplatzierten, wobei Nürnberg als Gegner ausgeschlossen ist.

Die Bundesliga ist damit weiter auf dem Vormarsch, hat Frankreich auf Rang vier der Fünfjahreswertung fest im Visier. Rumänien und Russland werden als Verfolger mehr und mehr abgeschüttelt.

Mit dem Schlusspfiff in der HSH Nordbank-Arena ist das Fußballjahr 2007 offiziell zu Ende gegangen – in Deutschland zumindest. Ganz anders als bei uns rollt in allen anderen europäischen Topligen der Ball noch bis zum vierten Advent. Bei uns geht es am 29.Januar 2008 mit dem Achtelfinale des DFB-Pokals weiter – das sind 38 Tage ohne deutschen Fußball. Es sei denn man berücksichtigt Michael Ballack, Moritz Volz, Robert Huth und mit Abstrichen Jens Lehmann in der Premier League. Dort wird das Tempo zwischen Weihnachten und Neujahr traditionell eher angezogen als reduziert. Der Spieltag am Boxing Day, dem 26.Dezember, gehört auf der Insel zum Fest wie die Gans, der Baum und die Geschenke.

Mittwoch, 19. Dezember 2007

Fohlengeflüster (12): Von Sangria, Feuerzeugen und Buskolonnen

Das Thema Besinnlichkeit in der Adventszeit ist im Zuge der beiden Auswärtsspiele in Wehen und Freiburg eigentlich ausreichend durchgekaut worden. Erst war die Zeit noch nicht reif. Dann wollte man getrost und besinnlich ins letzte Spiel des Jahres gehen. Und am Ende ließ sie sich nicht mehr blicken, die Besinnlichkeit. Obwohl die Winterpause doch erst jetzt begonnen hat.

In einer Polizeikolonne von A nach B kutschiert werden, begleitet von einer ganzen Hundertschaft – das ist eigentlich einer dieser schier unerfüllbaren und ebenso marginalen Wünsche eines jeden Normalsterblichen. Dabei gehört dieses VIP-Erlebnis inzwischen zum Standardprogramm einer jeden Auswärtsfahrt mit dem persönlichen Verein des Vertrauens. Selbst in Paderborn, wo sich im fernen Ostwestfalen Fuchs und Hase gute Nacht sagen, gibt es Leute, denen ihr Klub ein paar Euro und einen Tagesausflug an den Niederrhein wert ist.

Sei es als Reisender oder als Gastgeber – solch ein Spieltag dominiert das jeweilige Tagesgeschehen. Neunzig Minuten Fußball, eine Viertelstunde Pause und ein paar Sekunden Nachspielzeit stellen da einzig und allein den unmittelbaren Höhepunkt. Doch sowohl vorher als auch nachher zeigen diese anscheinend banalen anderthalb Stunden ihre langfristige Wirkung.

Und so pocht das Adrenalin auch noch eine Halbzeit nach Abpfiff gegen die Außenwände meiner Arterien, als eine dieser angesprochenen Polizeikolonnen hinterm Bahnhof an uns vorbeifährt. Grün-weiß, Bus, grün-weiß, Bus, grün-weiß. „Nur für Gästefans“ steht dort in LED-Leuchten, wo man normalerweise von illustren Mönchengladbacher Stadtteilen und Nachbarorten wie Rheindahlen, Windberg oder Heimer liest. „Gästefans“ sind in diesem Fall mehrere Hundert Fußball-Provinzler in blau-schwarzen Trikots, die Glück haben, dass wir von einer Glasscheibe und einer Hundertschaft getrennt werden. Mehr als ein böser Blick ist da leider nicht drin. Aber ich bin ja ein friedlicher Mensch. Hätte mir vorher jemand prophezeit, dass das derart unspektakulär anmutende Spiel gegen den SC Paderborn meinen Blutkreislauf so anregen sollte, ich hätte ihn „Kölner“ genannt.

Schon das Wetter präsentiert sich an diesem Sonntag von seiner kuriosen Seite. Der Boden friert. Der Fan denkt, er müsse frieren, weshalb er den Zwiebellook gewählt hat. Und dann knallt die Sonne auf einmal vom Himmel wie an guten alten Sommertagen in El Arenal. Mit dem feinen Unterschied, dass die Sangria warm ist und zu dieser Jahreszeit Glühwein heißt.
Von der ersten Hälfte des Spiels kann ein Radiozuhörer mehr berichten als ich. Die Sonne linst so flach in den Borussia-Park hinein, dass das in Schatten gehüllte Grün wie im Dunst Bengalischer Feuer erscheint. Allein der Ball bietet einen klar erkennbaren Anhaltspunkt, wo sich gerade etwas Nennenswertes abspielen könnte. Ich habe mir sagen lassen, dass sich nicht viel ereignet haben soll.
Dabei fällt mir auf, dass die Borussia uns jahrelang verarscht hat. Um 14 Uhr steht die Sonne genau im (vermeintlichen) Süden. Eigentlich hätte sie da schon zwei Stunden früher stehen müssen. Demnach ist das Stadion nach Nordosten gedreht. Block 16 zeigt also nicht maßgerecht Richtung Nordpol, sondern gen St. Petersburg. Google Earth liefert den Beweis. Skandal!

Der Stadionsprecher kommt in der Halbzeit einzig und allein seiner Chronistenpflicht nach, indem er sich abmüht, ein paar zeigenswerte „Highlights“ aufzupicken. Das bisher einzige Highlight der Partie – neben einer Hand voll Paderborner Torschüssen, die allesamt in Heimeroths Armen landen – verabschiedet sich ziemlich zügig nach der Pause. Wie eine Decke zieht der Schatten im Uhrzeigersinn über die Tribüne, so dass die Nordkurve bald in Dunkelheit gehüllt ist und das Mallorca-Wetter der kalten Realität des Dezembers weicht. Klingt alles etwas langweilig und schnulzig? Sorry, mehr gibt es bis dahin nicht zu erzählen.
Aber Fußball wäre nicht Fußball, Gladbach wäre nicht Gladbach, wenn dieser Zustand wirklich neunzig Minuten lang anhält. Und herrscht tatsächlich einmal während eines ganzen Spiels Tristesse, steigt die Borussia in der Regel am Saisonende ab. Da dies in dieser Saison mit einer vergleichsweise geringen Wahrscheinlichkeit eintreten wird, taut die Partie bald danach auf.

Soumaila Coulibaly, nach 45 Minuten für den schwachen Marin eingewechselt, vernichtet alle Sorgen Gott sei Dank in der 54.Minute. Der Mann aus Mali hat einen Fuß aus Eisen, wenn nicht sogar aus Titan. Als er einen Freistoß aus 18 Metern mit links in die Maschen hämmert – ach quatsch, einbetoniert – ist das Eis gebrochen. Der Reporter vom DSF versichert abends vorsichtshalber, dass das Netz unbeschadet Weihnachten feiern kann. Der Borussia-Park „döpt“ zufrieden vor sich hin. Friede, Freude, Herbstmeisterlaune so weit das Auge reicht.

Nur vier Minuten später ist alles dahin. Das gesamte Stadion hat sich zwar wieder erhoben. Diesmal jedoch aus einem anderen Grund: Rob Friend hatte eine Flanke von Sascha Rösler verwerten wollen und war dabei mit dem Paderborner Keeper Kruse zusammengeprallt. So weit, so gut. Der Torwart liegt irgendwo am Boden, angeblich bewusstlos. Sehen kann man es nicht, denn um ihn herum hat sich ein Rudel gebildet, wie es im Lehrbuch für Rudelbildung steht. Schiedsrichter Fleischer nestelt auffällig, fast bedrohlich an seiner Brusttasche. Eigentlich halb so schlimm, aber Friend ist zu diesem Zeitpunkt schon verwarnt. Jeder ahnt, was kommen wird. Niemand will es wahrhaben. Der Oberrang geht fast über die Rehling. Der Unterrang möchte am liebsten den Platz stürmen. Alle wollen dem Mann in Neongelb die rote Karte entreißen und lassen ihrem Beschützerinstinkt freien Lauf. Doch das Unheil nimmt seinen Lauf. Die Karte wird gezückt. Gladbach ist nur noch zu zehnt.

Nüchtern und objektiv betrachtet, ist das für Herrn Fleischer gelbwürdige Foul folgendermaßen zu bewerten: Friend befindet sich im Flug, als er den Paderborner Keeper erblickt, der Zusammenprall nicht mehr zu verhindern. Von einem ausgefahrenen Ellbogen ist nichts zu sehen. Letztendlich waren die 95 Kilo des Kanadiers schlichtweg ein Zentner zu viel für den schmächtigen Jungen im Tor. Unterdessen erfährt der eine jener Wundergenesungen, wie sie seit geraumer Zeit an jedem Wochenende auf den Fußballplätzen dieser Welt zu bewundern sind. Die einen mögen dies eine Unsitte nennen, andere die Paderborner Medizinabteilung in den Himmel loben. Die Nordkurve jedenfalls quittiert die vermeintliche Wunderheilung mit Münzen und Feuerzeugen, die im hohen Bogen in den Strafraum segeln. Der eben noch klinisch tote Kruse wird vom Rekonvaleszenten zum Denunzianten und verpetzt das Publikum, indem er dem Referee eine Stichprobe der Feuerzeuge zur Inspektion vorbei bringt. Zwei unfeine Gesten treffen aufeinander: Die wurfwütige Nordkurve auf der einen, der sterbende Feuerzeugsammler auf der anderen Seite.

Als Antwort weht dem folgenden Abstoß das wohl lauteste (Achtung, Zensur!) „Gesäßöffnung, Masturbant, Sohn einer Prostituierten“ aller Zeiten hinterher. Woraufhin Kruse hämisch in die Hände klatscht und die Stimmung nur noch weiter anheizt. In der Folgezeit wird auch etwas Fußball gespielt. Jos Luhukay reagiert auf den Platzverweis mit der Einwechslung von Colautti für Neuville, der ebenfalls mit gelb vorbelastet ist.

Eine Viertelstunde vor dem Ende kommt es, wie es kommen muss: Ein unberechtigter Freistoß der Ostwestfalen findet den Kopf von Djurisic. Der Ball schlägt im linken Eck zum Ausgleich ein. Der eigene Unmut verteilt sich daraufhin auf mehrere Schultern. Schiri Fleischer bekommt eine Ladung ab aufgrund der zweifelhaften Hinausstellung von Rob Friend. Die Borussia bekommt ihr Fett weg, weil ihr Auftritt an diesem Tag alles andere als eines Herbstmeisters würdig ist. Und Paderborn verdient gerechterweise den Rest.

Der Ausklang der Hinrunde scheint längst vergeigt, als der eingewechselte Van den Bergh von Fall zu Fall gebracht wird. Fleischer zögert wiederum nicht. Erneut blitzt die Rote Karte auf. Diesmal besteht allerdings keinerlei Zweifel.
In der Nachspielzeit lässt Roberto Colautti das Adrenalin der Allgemeinheit noch einmal kräftig gegen die Arterienwände pochen. Rösler will eine Flanke von Coulibaly per Fallrückzieher verwerten. Der Aufsetzer landet auf der Stirn des Israeli. Ein unverhofftes Happy End scheint für den Bruchteil einer Sekunde in Reichweite. Doch das Leder trudelt geduldig am linken Pfosten vorbei – ins Aus.
Kurz darauf bläst Herr Fleischer zum letzten Mal in diesem Jahr in seine Pfeife und setzt den Schlussstrich unter ein Fohlenjahr mit zwei Gesichtern. Nach dem Debakel in der ersten Jahreshälfte und dem holprigen Start im Unterhaus folgten Wochen und Monate der Glückseligkeit, die faktisch immer noch kein Ende gefunden haben.

Das letzte Spiel lief zwar nicht erfolgreich auf dem Spielberichtsbogen. Es hat jedoch noch einmal völlig unerwartet alles abgefordert von der lange geschundenen Borussenseele. Von wegen Sonntagsspaziergang. Trotzdem kann ich mich zurückhalten, als die Buskolonne mit den Anhängern aus Paderborn vorbeifährt. Schließlich geht Gladbach als seit 14 Spielen ungeschlagener Tabellenführer in die Rückrunde. Da ist ein aufmüpfiger Provinzklub aus Ostwestfalen relativ großzügig zu tolerieren. Denn wie hallte es nach dem Tête-à-tête von Friend und Kruse durchs weite Rund? „Wir steigen auf und ihr steigt ab, wir steigen auf und ihr steigt ab…“.
Das Blatt wendet sich schnell im Fußball. Ähnliches mussten wir uns zu Jahresbeginn monatelang anhören. Auch wenn Paderborn eigentlich nichts dafür kann. Wie gesagt, eigentlich…

Sonntag, 16. Dezember 2007

Globalisierung auf FIFA

Die Klub-Weltmeisterschaft ist so etwas wie der Confederations Cup für Vereinsmannschaften – sie ist da und keiner weiß warum. Außer Herr Blatter natürlich. Heute ist die dritte Ausgabe des jungfräulichen Turniers zu Ende gegangen – mit einem Ergebnis, das man so auch schon vorher prophezeien konnte.

Von 1960 bis 2004 trafen sich die Sieger der südamerikanischen Copa Libertadores und des europäischen Pokals der Landesmeister meist am Arsch der Welt, um herauszufinden, wer denn nun wahrhaftig die erfolgreichste Spielweise auf dem Globus beheimatet. Kurz vor Weihnachten war Besinnlichkeit dennoch stets Fehlanzeige. Aus diesem Grund schickte es sich besonders in den Siebzigerjahren, die zuvorkommende Einladung von der Südhalbkugel abzulehnen, weil Cruyff, Beckenbauer und Keegan um ihr Wohlbefinden fürchteten.

Afrika, Asien und Co. wurden damals freilich noch nicht berücksichtigt, getreu dem Motto „wer keine WM gewinnt, hat im Weltpokalfinale nichts zu suchen“. In der Tat war der Fokus des Fußballs jahrzehntelang ausschließlich auf das ewige Duell Europa vs. Südamerika gerichtet. Bis heute ist die Suche nach dem Heiligen Gral des Weltfußballs erfolglos geblieben: Beide Kontinente weisen jeweils neun Weltmeistertitel auf. In puncto Weltpokal haben Zuckerhut, Albiceleste und Montevideo hauchdünn die Nase vorn.

Globalisierungs- und Gleichberechtigungsbewegungen machen bekanntlich auch nicht vor dem Fußball halt. Die Einführung der offiziellen Klub-WM unter der Obhut der FIFA überraschte daher nicht wirklich, genauso wenig der Austragungsort Japan – das Land, in dem Olli Kahn Werbespots (auf Japanisch) produziert und die Zuschauer auch beim Aufeinandertreffen der iranischen Giganten von Sepahan Isfahan und des neuseeländischen Fußball-Ungetüms Waitakere United zu Zehntausenden in die Stadien strömen, als ginge es um ihr Leben. Herrn Blatter gefällt’s. Wer hätte auch etwas anderes erwartet?

Der AC Mailand reist dafür um den halben Erdball, trägt seine letzte Partie in der Champions League eine Woche früher aus und heimst sich in der heimischen Serie A ein Nachholspiel im Februar ein. Wenigstens ist bei der globalisierungstechnischen Odyssee etwas für die Rossoneri herausgesprungen: Im Finale wurde Kult-Klub Boca Juniors aus Buenos Aires in einem mitreißenden Spiel mit 4:2 besiegt. Solch ein Spiel erfreut selbst den Gegner der Fußball-Globalisierung, der die Zusammenfassung im DSF interessiert zur Kenntnis genommen hat. Doch warum müssen sich erst Ishafan und Waitakere, dann noch Sahel und Pachuca messen, damit wir mit weit geöffneten Augen konstatieren dürfen, dass die Kräfte im Weltfußball sich nur wenig verrückt haben? Wie schon bei den ersten zwei Ausgaben der FIFA-Klub-WM im Jahre 2005 und 2006 trafen im Finale erneut die Großmächte Europa und Südamerika aufeinander.

Wie so oft ist der Fußball auch in diesem Fall Spiegelbild unserer gesamten Welt. Politische Konflikte, wirtschaftliche Interessen und gesellschaftliche Kontroversen werden immer wieder auf dem Platz ausgetragen. Die G8 der Weltpolitik haben sich im Sommer in Heiligendamm versammelt. Beim Fußball heißt das ganz äquivalent G14, als wolle man unterstreichen, dass die Welt ohne diesen Sport sowieso nicht mehr überleben kann. Wenn die G14 sich zu einem Gipfel zusammenfinden, bleiben die Demonstranten, Sondereinheiten und Wasserwefer jedoch zuhause - mal sehen, wie lange noch.

In Asien rollt neben dem Ball kräftig der Rubel. Das Geschäft mit dem runden Leder boomt wie der gesamte Kontinent. In Afrika schauen sie zeitgleich mal wieder in die Röhre. Dabei könnte Südafrika im „kleinen“ Rahmen einer FIFA-Klub-WM doch ausgiebig für seinen großen Auftritt 2010 proben und unter Beweis stellen, dass alle Sorgenfalten auf meiner Stirn sich umsonst in der Vordergrund rücken.

Samstag, 15. Dezember 2007

Für Aug' und Ohr (1)

You'll never walk alone -
Celtic Glasgow : FC Barcelona, 11.März 2004
Tag der Terroranschläge von Madrid

England ist derzeit nicht gerade on the wave mit seiner Nationalmannschaft. Dennoch darf es sich unumstritten "Mutterland des Fußballs" nennen. Daran wollen wir erst gar nicht rütteln, außerdem läuft es in der Champions League simply terrific.
Ein Song hat einst an der Liverpooler Anfield Road einen unvergleichbaren Eroberungszug aller Fußballherzen dieser Welt gestartet. Die Reds beanspruchen "You'll never walk alone" zwar als inoffizielle Vereinshymne. Das Lied dröhnt mittlerweile jedoch, in zahlreichen Versionen, aus diversen Stadionlautsprechern dieser Welt - von Lissabon bis St.Pauli. Wobei das Original von „Gerry and the Pacemakers“ bis heute unerreicht ist.
Es sei denn die Fans in The Kop oder - wie in diesem Fall - die Anhänger von Celtic Glasgow stimmen im Chor mit ein. Wer da nicht die purste aller puren Gänsehäute bekommt, ist selber schuld oder ein Fisch.



PS: Bayern ist Herbstmeister. Aber was heißt das schon. Es sei denn der eigene Verein krallt sich diesen "Titel", das ändert natürlich einiges.

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Englands neuer Capellmeister

Die Three Lions werden ab dem neuen Jahr von Fabio Capello dirigiert. Doch dessen Sterne stehen vergleichsweise schlecht. Und wer ist unter anderem Schuld daran?

Fabio Capello gehört zu den arriviertesten seiner Gattung. Der 61-jährige war in den 70ern italienischer Nationalspieler. In den 90ern und im neuen Jahrtausend holte er als Trainer sieben Scudettos in Italien und zweimal die Meisterschaft in Spanien mit den "Königlichen" von Real Madrid.

Capello ist nicht nur ein angesehener Coach, er ist auch finanziell ein mehr als gemachter Mann. Nachdem Real Madrid ihn trotz des Meistertitels im Sommer schasste, kassierte er kräftig ab. Den Job in England hat er demnach in Bezug auf die Füllhöhe seines Geldspeichers gar nicht nötig. Der Geldspeicher wird sogar bald erweitert werden müssen - acht Millionen Euro sollen jährlich auf sein Konto fließen. Capello setzt sich damit an die Spitze der weltweiten Gehaltsrangliste der Nationaltrainer. So lässt sich der Lebensabend im Anschluss an sein Engagement auf der Insel sicherlich gut verbringen.

Aber ausländische Nationaltrainer? Da war doch was? Genau, eigentlich war da nämlich nichts, denn: Noch nie ist ein Weltmeisterteam von einem ausländischen Trainer zum Titel geführt worden. Otto Rehhagel war der erste Mensch der Weltgeschichte, der es wenigstens fertig brachte mit einer fremden Nationalelf die Europameisterschaft zu gewinnen.

Also Herr Capello, es gilt für ein Novum zu sorgen. Aber Moment mal! 2010 wollte doch schon ein anderes Land Weltmeister werden. Jene Mannschaft, die "immer gewinnt, wenn 22 Mann einem Ball hinterherlaufen", und die schon das ein oder andere Mal in Wembley „einen kräftigen Schluck Weihwasser gesoffen, das Gesangbuch geklaut und die Kerzen ausgepustet“ hat. Wer das wohl sein könnte...

PS: Danke an Gary Lineker und Johannes B. Kerner für ihre mehr oder weniger historischen Aussagen.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Fohlengeflüster (11): Herbstmeister

Dreizehn Spiele, zehn Siege, keine Niederlage – einhundertneun Tage der Freude. Der Mythos ist auf dem Heimweg.

Wort mit „H“, löst große Glücksgefühle aus, 13 Buchstaben? Die Überschrift ist diesmal symbolisch kurz, schlicht und effektiv gewählt. Eigentlich hätten es Versionen wie „Zeit für Besinnlichkeit“ (die ist jetzt spätestens eingekehrt), „Drei Chancen, vier Tore“ (klingt komisch, is' aber so) oder „Der Heilige Gral des Zweitligafußballs“ ebenfalls bestens umschrieben, was dieser Abend in Freiburg dem Unternehmen Wiederaufstieg gebracht hat. Übrigens ist dies das erste Mal, dass ich das ominöse Wort „Wiederaufstieg“ in dieser Saison in die Tasten haue. Bisher ist mir allein die optimistische Umschreibung „Ein-Jahres-Praktikum“ über die Lippen gekommen. Zudem hat Ottmar Hitzfeld uns am 31.10. bescheinigt, dass wir uns um jenen Wiederaufstieg keine Sorgen machen müssten.
Sorgen gehören seit Monaten wahrhaftig nicht mehr zum Alltag eines Fohlen-Anhängers. Eigentlich beschäftigt derzeit – man darf ruhig mal vorausschauend sein – allein die Frage, ob die Luhukay'sche Philosophie dieses Sports, bedacht auf Kontrolle und Effektivität, das Überleben in Liga Eins ermöglichen würde. (Der Konjunktiv ist an dieser Stelle bedacht gewählt.)

Premiere-Kommentator Wolff-Christoph Fuss bringt es gleich zu Beginn auf den Punkt: In dieser Partie der besten Heimmannschaft Freiburg gegen die beste Auswärtstruppe Gladbach suche man den „Heiligen Gral des Zweitligafußballs“. Offensives Feuerwerk auf der Basis einer intakten Defensive gegen kontrollierten Katastrophenschutz mit brandstifterischen Qualitäten – was befugt mit größerer Sicherheit zum Aufstieg in die Bundesliga?
Es dauert keine sechs Minuten bis die Borussia eindrucksvoll das erste Tor markiert – ein besseres Argument kann es nie geben. Neuville beendet die Anfangsmomente des Abtastens mit einem seiner Sololäufe auf der linken Seite. In Abwesenheit von Marin und Ndjeng spielt Gladbach ohne seine zwei größten Kreativkräfte und der 34-jährige Kapitän reißt diese Rolle sofort an sich. Es soll nicht sein einziger Geistesblitz bleiben.
Auf Höhe des Strafraums nimmt er das Tempo raus, serviert den Ball flach in den Strafraum, wo Friend das Leder nach einer Ballannahme und Körpertäuschung in Personalunion ins Tor befördert. Sein zehntes Saisontor. Jetzt darf der Kanadier rehabilitiert in die Winterpause gehen, ohne im Traum vom „weißen Kahê“ verfolgt zu werden. Das hat er sich redlich verdient.

Parallelen zum Spiel in Fürth werden deutlich. Die spielstarke Heimmannschaft hat mehr Ballbesitz, lässt seine offensiven Fähigkeiten jedoch eher selten aufblitzen. Gladbach besinnt sich in der Folgezeit darauf, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen und den Ball, wenn überhaupt, sicher nach vorne zu tragen. Das sieht in der ersten Hälfte nicht unbedingt schön aus, ist aber effektiv und zahlt sich aus. Die Angriffsaktionen des SC Freiburg werden entweder von der Viererkette geklärt oder der letzte Pass findet einfach keinen Abnehmer.
Bis zur Pause scheint das 2:0 nicht unbedingt oberste Priorität für die Luhukay-Elf zu besitzen. Vielmehr wird das Spiel kontrolliert, der Gegner meist gedoppelt.
Nach 45 Minuten hat die Partie ihr Potential mehr angedeutet, als voll entfaltet. Vor allen Dingen die Mannschaft von Robin Dutt, dem Finke-Nachfolger, bleibt unter ihren Möglichkeiten.

Das letzte Quäntchen an Offensivdrang ist dann aber sofort nach der Pause zu spüren. Freiburgs Bemühungen in Richtung Christofer Heimeroth werden etwas durchdachter. Trotzdem versäumen die Breisgauer es, das Flügelspiel zu forcieren. Fast jeder Angriff wird durch die Mitte gefahren. Währenddessen sorgt die Borussia nur sporadisch für Entlastung. Meist landet der Ball per Befreiungsschlag in Nähe der Mittellinie. Als eine knappe Stunde rum ist, landet einer dieser langen, diagonalen Bälle von Coulibaly bei Oliver Neuville auf der rechten Seite. Der flankt aus dem Lauf, in der Mitte läuft Schwaab ins Leere und Rösler platziert das Runde per Kopf im Eckigen. Es ist die zweite Chance in 58 Minuten. Es ist das 2:0.
Bemerkenswert am Spiel der einstigen Breisgau-Brasilianer ist trotz allem ihr Durchhaltevermögen. Auch mit einem Rückstand von zwei Toren kein Hauch von Resignation. Es geht weiter unentwegt nach vorne.

Sechs Minuten nach dem zweiten Gladbacher Treffer lässt Paauwe den dritten folgen – leider ins falsche Tor. Bezeichnend fürs gesamte Spiel: Ein Borusse muss nachhelfen und einen Freistoß von Matmour mit dem Scheitel unhaltbar in den Winkel befördern.
Im Anschluss ist Freiburg dem Ausgleich näher als zwischen der 6. und 58. Minute. Doch die Borussia wackelt kaum und fällt ebenso wenig – im Gegenteil. Ungläubig sehe ich Neuville auf der rechten Seite starten. Hatten wir das heute nicht schon einmal? Rösler, der den Angriff selbst eingeleitet hatte, stürmt in der Mitte heran, die Flanke kommt, der Ball ist drin, der Jubel groß, das Spiel entschieden.

Diese Leistung mutet fast unverschämt an. Drei Chancen, vier Tore, 133%-ige Chancenauswertung (Paauwes mustergültigen Kopfball mit eingerechnet) – besser geht’s nimmer. Schon in Koblenz und in Fürth standen am Ende Ergebnisse zu Buche, die man eher mit einem Augenreiben am rechten oberen Bildrand wahrgenommen hat. Ein weiteres Spiel reiht sich ein in diese Serie ungekannter Hochgefühle bei Auswärtsspielen. Fünf Siege in der Fremde weist das Konto in dieser Spielzeit auf, ebenso viele wie in zuvor 84 Auswärtsspielen in der höchsten deutschen Spielklasse. Der Zupfer am Ärmel und der Hinweis darauf, dass die Zweite auch nicht die Erste Liga ist, kommen prompt. Aber wen kümmert's?

Der Herbstmeister in der 2.Bundesliga heißt Borussia Mönchengladbach, ein ganz neues Gefühl für mich in fast 13 Jahren Fandasein. Die letzte Herbstmeisterschaft entstammt dem Jahr 1976. Meine Mutter hatte damals noch nicht einmal ihr Abitur, Uli Hoeneß schoss den berühmten Elfer in den Belgrader Abendhimmel und der Bundeskanzler hieß Helmut Schmidt. Wer wie ich seine Liebe zur Raute mit einem Pokalsieg eingeläutet, dann einen Abstieg beweint, den Aufstieg gefeiert hat wie eine Meisterschaft und dann vor Wut nicht weinen konnte beim erneuten Abstieg, klammert sich verzweifelt an jeden Glücksmoment, den dieser Verein zustande bringt. Selbst ein Gewinn des DFB-Hallenpokals – selbst wenn er wieder aberkannt wurde – gehört zweifellos dazu. Einen dieser Glücksmomente hat dieser Abend in Freiburg definitiv beschert. Der Abstand zum zweitklassigen Ufer beträgt am 11.12.2007 acht Punkte – ein Polster, das beinahe zu beruhigend wirkt.

Für 35 Punkte, die in bisher 16 Spielen erzielt wurden, hat der VfL vom 4.März 2006 bis zum letzten Spiel der Abstiegssaison 44 Partien benötigt. Für 35 Tore aus dieser Spielzeit kurioserweise genau denselben Zeitraum. Man kann es also so betrachten: Innerhalb von vier Monaten ist auf den lange leidgeprüften Borussen-Fan genauso viel Glück und Wohlgefühl eingeprasselt wie zuvor in eineinhalb Jahren. Wir müssten demnach erdrückt am Boden liegen.
Apropos „Jahre“: 2007 – das Jahr der Gegensätze, das Jahr der zwei Borussias – ist noch nicht zu Ende. Die Weihnachtsfeier findet am Sonntag um 14:00 Uhr im Borussia-Park statt. Der SC Paderborn ist fürs Catering zuständig. Guten Appetit!

Trotz allem bleibt der wahre „Heilige Gral“ weiter verschollen – ein echter „Mythos“ eben.

Dienstag, 11. Dezember 2007

Ermüdungsbecken vs. Nacht-zum-Tage-machen

Früher bescherten Affären auf Weihnachtsfeiern uneheliche Kinder. Früher stolperten Bundeskanzler im Rahmen einer politischen Affäre über DDR-Spione. Heutzutage mutet das alles harmlos an. „Disko-Affären“ sind neuerdings der Renner.

Bundesliga, Europacup, DFB-Pokal, Länderspiele – unterm Strich ist die schier unmenschliche Anzahl an Partien in einer Saison, die wiederum angeblich übermenschliche Kräfte voraussetzt, den Profis von heute ein Dorn im Auge. Ihren Trainern, Managern und Präsidenten geht es da nicht anders. Aquajogging, Massagen und Ermüdungsbecken sind dekadent. Diskobesuche dagegen voll angesagt.
Gladbachs Soumaila Coulibaly und Mannschaftskollege Steve Gohouri haben mit ihrem Besuch in einem Kölner Tanzlokal vor dem Derby gegen den FC den Begriff der „Disko-Affäre“ geprägt. Letzterer ist seitdem seinen Stammplatz los und wird dieses verflixte Foto zu später Stunde, geschossen von einem Mitarbeiter der ortsansässigen Boulevardzeitung, noch länger verfluchen.

Ivan Rakitic und Mladen Krstajic ziehen automatisch den ein oder anderen Verdacht auf sich, sie könnten gemeinsam etwas im Schilde führen. Und das hat gewiss nichts mit ihrer kroatischen bzw. serbischen Herkunft zutun, die das „-ic“ am Namensende enthüllt. Vielmehr gehört die Grüppchenbildung unter Fußballern, deren Teamgeist vom geografischen Zusammenhalt noch übertroffen wird, zum Geschäft wie jene Plastikmännchen, die eine Freistoßmauer simulieren sollen.
Beide Schalker verlegten ihre Regeneration nach dem heiß umkämpften Spiel in Frankfurt letzten Samstag spontan in eine Duisburger Diskothek. Schön muss es gewesen sein, denn Rakitic und Krstajic sollen bis halb fünf durchgehalten haben. Aus diesem Grund hat Mirko Slomka ihre Erholungszeit ebenso spontan um ein paar Tage verlängert. Sehr aufmerksam vom Trainer.

Währenddessen geht der Trend anscheinend sogar dahin, Städte zur Partyzone zu erklären, die traditionell eine Rivalität mit dem eigenen Verein pflegen. Die beiden Gladbacher mit afrikanischen Wurzeln machten in Köln die Nacht zum Tage. Die nimmermüde Balkan-Connection aus Gelsenkirchen verlegte ihren Samstagabend in den Westen des Ruhrpotts nach Duisburg.

Oliver Kahn hat heute dasselbe Schicksal erlitten wie seine Kollegen aus Gladbach und Gelsenkirchen – jedoch aus gegensätzlichen Gründen. Zu früh soll er die Weihnachtsfeier des FC Bayern verlassen haben. Er selbst streitet aber ab, dass dies der Grund oder zumindest ein Grund für seine vorläufige Suspendierung sei. Was eine Ironie: Die einen feiern bis tief in die Nacht. Der andere versagt sich orgienartigen Besäufnissen auf der berüchtigten Weihnachtsfeier und muss dafür ebenfalls büßen.
Schon ein paar Stunden zuvor hatte Kahns Gelassenheit nach Idrissous rotwürdigem Tritt ernsthafte Fragen nach seinem Wohlbefinden aufgeworfen. Stephane Chapuisat ist noch heute in psychologischer Behandlung nach der legendären Kung-Fu-Einlage des „Titans“ in Dortmund.

Die plausiblere Erklärung für Kahns Suspendierung für die abschließende Hinrundenpartie in Berlin geht aus seinem Kicker-Interview vom Montag hervor. Nach nur drei Siegen aus den letzten neun Pflichtspielen, der Einbuße der komfortablen Tabellenführung in der Liga und dem immer noch nicht besiegelten Weiterkommen im UEFA-Cup, hatte er kritisiert, dass es „in jedem Spiel ein Stück weniger“ werde und es demnach „nicht reicht gut loszulegen“. 25.000 Euro werden unter anderem von seinem Gehalt abgezogen, weil Kahn seine Kritik explizit an seine Mannschaftskameraden Franck Ribéry und Luca Toni gerichtet hatte. Die müssten endlich kapieren: „Bayern ist nicht Marseille oder Florenz, sondern wie Milan, Real, Barca, ManU.“
Und wie so oft wird Ehrlichkeit im Fußball bestraft. 25.000 Euro für die Wahrheit. Wenigstens darf sich die Bild-Zeitung über diesen „Mutigen“ freuen, „der sie ausspricht“.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Mannschaft der Stunde (7)

Sechs Mannschaften sind aufgrund herausragender Leistungen bisher hier mit dem Titel "Mannschaft der Stunde" gewürdigt worden. Und fast alle haben am darauffolgenden Spieltag oder wenigstens innerhalb der folgenden zwei Wochen die Frage aufgeworfen, wofür sie diesen Titel eigentlich erhalten haben.
Arsenal spielte in der Premier League prompt zweimal nur Unentschieden, kassierte heute gar die erste Saisonniederlage, ist in der Champions League nach zuvor vier Siegen seit zwei Partien sieglos. Immerhin steht weiterhin die Tabellenführung zu Buche und der souveräne Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse. Olympique Lyon ist nicht sofort gefallen, verließ den Platz jedoch in der Ligue 1 in zwei der letzten vier Spiele als Verlierer. Damit liegt der französische Serienmeister ungewohnt knapp in Führung. Nancy lauert mit vier Punkten Rückstand.
Der HSV beendete eine Siegesserie von vier Spielen mit einem 1:1 auf Schalke. Zuletzt eine Niederlage in Bremen, ein Remis gegen Schlusslicht Cottbus. Manchester United erlitt als "Mannschaft der Stunde" im nächsten Spiel gegen Bolton seine erste Schlappe, nachdem zuvor neun von zehn Partien gewonnen wurden. Werder Bremen musste lange auf die Auszeichnung warten, doch auch die Hanseaten gingen am Samstag in Hannover ebenfalls nach langer Zeit mal wieder als Verlierer vom Platz.
Und dann wäre da noch Fußball-Gigant Liechtenstein. Die gingen im November mit 1:4 in Lettland unter - welch ein Fiasko, das einer Siegesserie von einem Spiel ein jähes Ende bereitete.

Samstag, 8. Dezember 2007

Wo ist Carlos?

Beim allseits beliebten Wettkampf „Spieler von Schalke 04 aufzählen“ könnte einem der Name Carlos Grossmüller schnell entgehen. Der Uruguayer hat heute in Frankfurt aus diesem Grund medienwirksame Eigenwerbung betrieben und ist nun in aller Munde.

Carlos Grossmüller ist auf Schalke bisher nur dezent durch fußballerische Höchstleistungen aufgefallen. Allein ein Freistoßtor gegen Werder Bremen ziert seine Akte. Wenn er überhaupt aufgefallen ist, dann weil er in Deutschland noch nicht richtig Fuß gefasst hat, obwohl sein Nachname so deutsch klingt wie es nur irgendwie geht. Seine Visitenkarte hat er heute Nachmittag beim Gastspiel der „Knappen“ in Frankfurt dennoch hinterlassen, ohne überhaupt auf dem Platz gestanden zu haben. Rudelbildung heißt das Stichwort – in Tateinheit mit Schubsen, Watschen, Pöbeln, Schlagen, unterm Strich allesamt Tätlichkeiten.

Eine davon leistete sich eben jener Carlos Grossmüller. Der Frankfurter Michael Thurk, selbst keineswegs ein Kind von Traurigkeit, bekam die in Uruguay als Willkommengruß angewandte Kinnzange zu spüren und Grossmüller stellte einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis, welche Qualitäten Fußballer aus Südamerika im Nahkampf besitzen.

Auch Auswechselspieler, die auf irgendeine Art und Weise tätlich werden, sind des Platzes zu verweisen. Selbst wenn sie diesen noch gar nicht offiziell betreten haben. Als Herr Dr. Fleischer den technisch hochwertigen Gesichtsgriff des Uruguayers mit der Roten Karte quittieren wollte, war dieser aber partout nicht mehr aufzufinden.
Eine Stunde später wurde auf dem Frankfurter Flughafen ein halb vermummter Südländer in Trainingsanzug und Badelatschen gesichtet. Unbestätigten Angaben zufolge hat er ein Ticket für den Lufthansa-Flug LH510 erstanden, der Sonntag um 10:20 Uhr in Richtung Buenos Aires abheben wird – Grossmüllers Heimat Montevideo steht nicht auf dem Frankfurter Flugplan.

Tasmania Bielefeld

Eine Offenbarung, ein Desaster, eine Katastrophe - die deutsche Sprache hat viele Wörter parat, die den Bielefelder Untergang (da ist noch eins) gestern Abend in Dortmund treffend beschreiben.

Der Abend gestern war lang, die Nacht deshalb umso kürzer. So kann es passieren, dass um 5:27 Uhr in der Frühe, wenn im Sommer schon die Vögel singen würden, die Tageszeitung bereits vor der Haustür liegt. Bevor ich kapitulierend ins Bett falle, gönne ich mir noch einen Blick aufs Titelblatt, um zu erfahren, wie sich Bielefeld in Dortmund geschlagen hat. Als ich oben rechts ein fett gedrucktes, bordeauxfarbenes „6:1“ erblicke, verabschieden sich schlagartig jegliche promillehaltigen Fremdkörper aus meinen Adern. Ich bin topfit und hellwach.

Lieber Ernst Middendorp, wie konnte das denn passieren? Je drei Gegentore in Duisburg und auf Schalke, acht in Bremen, vier in Leverkusen, drei in Bochum und nun ein halbes Dutzend in Dortmund. Der Fußballlinguist spricht in diesem Zusammenhang meist davon, dass der Trainer ab diesem Zeitpunkt „nicht mehr zu halten“ sei. Wer sich in den Anfängen einer Saison, wenn Vereine wie dem DSC Arminia traditionell ungekannte Höhenflüge beschert werden, die später in der Vereinschronik unter „Größte Erfolge“ den Eintrag „Vizemeister nach dem 5.Spieltag der Saison 2007/2008“ erhalten, als Bayernjäger anbietet, darf sich über einen derart unsanften Aufprall gewiss nicht beschweren.

Um die Jahrtausendwende stellte die Arminia bereits einen Rekord des personifizierten Bundesligadesasters Tasmania Berlin ein: Zehn Spiele, zwei ganze Hände voll, gingen damals am Stück verloren. Jetzt wandelt der Klub von der „Alm“ erneut auf den Spuren der Berliner. Die kassierten in ihrer einzigen Erstligasaison in der Fremde sage und schreibe 62 Tore. Bielefeld steht nach acht Partien bei der beachtlichen Zahl von 28. Hut ab!

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Keine Duplizität der Ereignisse

Im Mai noch ein euphorischer Wallung, im Herbst schwer depressiv – das Gemüt eines Vereins kann sich innerhalb weniger Monate drastisch umkehren. Wenn der UEFA-Cup manchmal zum Fluch wird…

Saison 2004/2005 nach dem sechsten Spieltag: Der VfL Bochum hält sich nach einer überragenden Vorsaison, gekrönt mit der Qualifikation für den Europapokal, im Mittelfeld der Liga. Die Luft zu den Abstiegsrängen ist jedoch äußerst dünn. Man hat die zweite Runde im UEFA-Cup schon so gut wie erreicht, als Verteidiger Edu einen waghalsigen und todbringenden Querpass im eigenen Strafraum spielt. Standard Lüttich bucht in der 92. Minute das Ticket für die nächste Runde, die Jungs von der Castroper Straße sind raus. Am Saisonende müssen die einst „unabsteigbaren“ Bochumer erneut den Weg ins Unterhaus antreten. Und Edu spielt ab diesem Tag im Sturm.

Saison 2007/2008 nach dem fünfzehnten Spieltag: Der 1.FC Nürnberg krebst in den unteren Gefilden der Liga herum. Nach einer überragenden Vorsaison samt Pokalsieg steht der neunmalige deutsche Meister auf einem Abstiegsplatz. Ironischerweise ist das Weiterkommen, der Einzug ins Sechzehntelfinale des UEFA-Cup in Reichweite. Ein Sieg gegen Alkmaar, dann könnte beim Gruppenletzten Larisa ein Unentschieden reichen, wenn Everton gleichzeitig gegen die Niederländer gewinnt. Doch all das schwindet zur grauen Theorie, als Alkmaar in Führung geht. Bis zur 83.Minuten scheint des Aus der „Clubberer“ so gut wie besiegelt.

Doch dann schlägt das Phantom zu. Ein Doppelschlag von Marek Mintal verleiht dem seit Monaten leidgeprüften Nürnberger Publikum einen vorläufigen Saisonhöhepunkt, einen Moment der Ekstase, in dem jeder Fan mit der Welt im Reinen ist. Alles ist plötzlich drin – auch eine Kopie der Ereignisse, die sich einst in Bochum abspielten. Aber weder Charisteas, noch Engelhardt oder Beauchamp spielen den „benötigten“ Querpass. Blazek hält den Kasten dicht, der Sieg ist in trockenen Tüchern. Der Fluch des UEFA-Cups, dem der VfL Bochum vor drei Jahren zum Opfer fiel, scheint vernichtet und damit kann an dieser Stelle feierlich verkündet werden: Nürnberg steigt nicht ab! Der Club bleibt drin!
Und Hans Meyers Blumen sehen zwangsläufig harten Zeiten ins Gesicht…

Sonntag, 2. Dezember 2007

Mit Fortuna im Bunde

Muss man sich für Glück entschuldigen? Didier Deschamps hat die deutsch-französischen Beziehungen gestärkt und das Los mit der Aufschrift „Germany“ genau im richtigen Moment gezogen.

Die Worte „glücklos“ und „Losglück“ nennt der Sprachwissenschaftler ein Anagramm. Die Buchstaben sind gleich, allein ihre Anordnung ist anders. Trotzdem macht es einen gehörigen Unterschied, ob sich die Silbe „glück“ oder „los“ nach vorne drängt. Wenn irgendwo auf dieser Welt ein arrivierter Ex-Fußballer in eine Salatschüssel greift und eine kleine Plastikkugel samt Papierstreifen zieht, dann bleibt der deutschen Nationalmannschaft seit jeher das Losglück hold. Es ist schon fast ein Naturgesetz.

Glückslose sind die Gegner Österreich, Polen und Kroatien mit Sicherheit. Und so reisen Jogi Löw und Oliver Bierhoff alles andere als glücklos in die Heimat zurück. Herr Rieck fiel im Radio bei WDR 2 fast von der Mittelwelle, so sehr hatte ihn die Segnung Fortunas begeistert. Auch ich musste mich bei strömendem Regen auf der A44 schwer konzentrieren, um vor lauter Verwunderung über diese chronische Glückssträhne im Vorfeld großer Turniere nicht die Ausfahrt zu verpassen. Selbst Jogi Löw konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen – hat zumindest Herr Rieck berichtet.

Vierundsechzig verschiedene Konstellationen hätten sich für die deutsche Mannschaft ergeben können. Am Ende ist dabei ein Gegnertrio herausgekommen, mit dem man mehr als nur leben kann. Allein Schweden wäre anstelle von Kroatien ein angenehmerer Kontrahent gewesen. Die Reihenfolge der Partien stimmt ebenfalls zufrieden. Zum Warmmachen heißt der Gegner am 8.Juni Polen. Vier Tage später gilt es gegen die insgeheim favorisierten Kroaten, die Pleite von Lyon bei der WM 1998 wett zu machen. Wenn es optimal läuft, könnte der letzte Auftritt gegen Gastgeber Österreich am 16.6. zum Schaulaufen fürs Viertelfinale werden – wie gesagt, wenn es optimal läuft.
Boubacar Sanogo versuchte sich gestern Abend im Auftrag des ZDF schon einmal als Glücksfee. Holland, Kroatien und Polen hießen seine im Sportstudio ermittelten Gegner. Damit war er etwas näher dran, als ich bei meiner simulierten Auslosung vor zehn Tagen.

Neben dem deutsch-polnischen und dem deutsch-österreichischen Nachbarduell gibt es in anderen Gruppen ebenfalls interessante bis brisante Paarungen. Die Schweiz trifft auf die Türkei – 2005 kam es bei diesem Aufeinandertreffen in der WM-Relegation zu Kampfszenen, die man auf Fußballplätzen so niemals sehen will. Frankreich und Italien liefern die Neuauflage des WM-Finales von 2006, die Niederlande gesellen sich mit Rumänien in Gruppe C dazu und bilden die erwartete „Hammergruppe“. Titelverteidiger Griechenland misst sich in Form von Spanien und Russland mit zwei Gegnern, die sie von der EM 2004 noch bestens kennen.

Der französische Welt- und Europameister Didier Deschamps hat mir in anderer Hinsicht ebenfalls große Erleichterung bereitet: Ein deutsches Viertelfinale wird auf keinen Fall am Tag meines Abi-Balls stattfinden. Glück gehabt!

Samstag, 1. Dezember 2007

Fohlengeflüster (10):
Keine Zeit für Besinnlichkeit

Das war knapp. So knapp wie lange nicht mehr. Und wenn man mangelnden Spielwitz, eine Schüppe Pech und leidenschaftliche Gegner in einem Teig vermischt, kommt dabei am Ende meist ein unentschiedenes Weihnachtsplätzchen raus.

Die Adventszeit ist keineswegs nur Zeit der Besinnlichkeit. Wenn die Kerzen angezündet werden, Plätzchenduft in der Luft liegt und Wham! im Radio „Last Christmas“ trällern, packt zeitgleich Knecht Ruprecht seine Rute aus, um die unartigen Kinder einmal gehörig zu tadeln. Wäre ich dieser gefürchtete Mann in Schwarz, dann hätte ich mein Folterinstrument aus gebündelten Ästen gestern Abend gegen 19:43 Uhr schon im Anschlag gehabt und den kleinen Fohlen aus Mönchengladbach im Kabinengang damit drohend zugewedelt. Doch es kam alles anders und am Ende haben sich die Lausbuben mit einem entschuldigenden Blick, dem man einfach nicht widerstehen kann, tadellos aus der Affäre gezogen. Aber immer schön der Reihe nach.

Das seit sechs Spielen sieglose Wehen empfängt den seit elf Ligapartien unbezwungenen Tabellenführer vom Niederrhein. Da ist die Favoritenrolle mehr als deutlich vergeben. Außerdem hat der Aufsteiger seit 345 Minuten nicht mehr getroffen, der Absteiger wiederum 234 Minuten keinen Treffer kassiert. Die vermeintlichen Underdogs stellen jedoch von Beginn an eindrucksvoll unter Beweis, dass drei Punkte ausschließlich getreu dem Motto „Nur über unsere Leiche“ aus der BRITA-Arena entführt werden können. Neuville hat in den Anfangsminuten zwar die Führung auf dem Fuß. Nach einiger Zeit nimmt das Team vom Ex-Gladbacher Christian Hock jedoch Fahrt auf und wirft gleichzeitig die Frage auf, warum man bei so beherztem Spiel so lange ohne Erfolg geblieben ist. Während Gladbach das Zepter in der Hand hält, versteckt sich der Gastgeber keineswegs und bringt die Innenverteidigung um Brouwers und Daems das ein oder andere Mal in die Bredouille.

Dann nimmt die Borussia zunehmend das Tempo aus der Partie und lässt gegen leidenschaftliche Wehener den Eindruck entstehen, man hätte nach 14 Spielen im Unterhaus noch nicht kapiert, dass Spiele gegen den fünfmaligen deutschen Meister für kleine Klubs definitiv ein Highlight der Saison darstellen. Und so kommt es nach einer halben Stunde, wie es kommen muss: Ćatić bringt einen unberechtigten Freistoß (was auf keinen Fall eine Entschuldigung ist) aus zentraler Position in die Mitte. Am Fünfmeterraum versucht Simac eher dem Ball aus dem Weg zu gehen, als ihn im Netz unterzubringen. Trotzdem schlägt die Kugel zur glücklichen, aber nicht allzu unverdienten Führung für die Wahl-Wiesbadener im Tor ein.

Erst danach wacht die Elf von Jos Luhukay, unter der Woche im Prüfungsstress für seine Trainerlizenz, ruckartig auf. Paauwes Schuss aus der Distanz klatscht an den linken Pfosten. Einen herrlichen Freistoß von Neuville fischt Torwart Richter – noch ein Ex-Borusse – glänzend aus dem Winkel. Demnach stapfen die elf Gladbacher nach 45 Minuten mit einem 0:1 in die Kabine, dem ersten Rückstand seit dem dritten Spieltag. Wehen hatte den Herbstmeister in spe mit erfrischendem Fußball und viel Laufbereitschaft eiskalt überrumpelt.

Luhukay reagiert und bringt Touma für Marin, dem in Halbzeit eins wenig gelang – und das vor den Augen der Familie. Marin ist im nahe gelegenen Frankfurter Stadtteil Höchst groß geworden (obwohl man beim schmächtigen U21-Nationalspieler kaum von „groß“ sprechen kann). Der wieder genesene Rösler bleibt trotz eines drohenden Platzverweises auf dem Feld. In einer ideenlosen Gladbacher Elf weiß er noch am meisten zu überzeugen.

Die Halbzeitansprache zeigt relativ schnell ihre Wirkung. Flach und schnell kombinierend eröffnen sich Torchancen: Rösler und Neuville, der die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor erneut vermissen lässt, gehen aus dem Duell mit Keeper Richter jeweils als zweiter Sieger hervor.
Wehen mauert mit Mann und Maus, doch Trainer Hock wirkt dem Eindruck etwas entgegen, indem er in Person von Maximilian Nicu und dem Kameruner Atem seine altbewährte Flügelzange in die Partie bringt.

Dem Tabellenführer mangelt es zunehmend an der Durchschlagskraft und dem Ideenreichtum vergangener Auswärtsspiele, so dass die erste Niederlage in Liga zwei nach 98 Tagen langsam Konturen annimmt. Ein wunderbarer Heber von Sascha Rösler, der an der Latte landet, zaubert dem Gladbach-Fan aufgrund des dritten Aluminiumtreffers der Partie allmählich ein verzweifeltes „Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“ auf die Lippen.
Zwei Minuten vor dem Ende wird das Spiel schon resümiert und festgestellt, dass trotz zahlreicher Gelegenheiten am Ende einfach die Klasse der letzten Spiele fehlte. Die Waschmaschine für die „seit-98-Tagen-ungeschlagen-Trikots“ ist bereits vorprogrammiert. Doch dann kommt, wie so oft, alles anders.

Voigt rollt mit Schwung auf den Strafraum zu, spielt einen feinen Doppelpass, um anschließend den freistehenden Neuville zu bedienen. Dem bleibt der Treffer noch versagt, aber der eingewechselte Colautti nutzt den Abpraller – den einzigen Fehler des ansonsten überragenden Richter – und drückt den Ball zum 1:1 über die Linie. Ausgerechnet in der Art und Weise, die man zuvor über 88 Minuten meist vermisst hatte, verhindert Gladbach am Ende die zweite Saisonniederlage nach dem 1:4 in Mainz am 24.August. Die Wehener tun mir für ein paar Sekunden fast Leid, doch dann merke ich, dass das eigentlich Schwachsinn ist. Denn Mitleid kennt man in solchen Situationen als Träger einer schwarz-weiß-grünen Brille schlichtweg nicht.

Außerdem bin ich Gott sei Dank in meinem überwiegenden Optimismus immer noch Realist genug, um zuzugeben, dass es gestern beinahe in die Hose gegangen wäre. Und das trotz Feld- und Chancenüberlegenheit nicht einmal unverdient. Spiele wie diese geben den berüchtigten Aufschluss darüber, ob da unten auf dem Rasen eine „echte“ Mannschaft steht. Zumindest wissen wir seit gestern: Auch wenn ungewohnt wenig zusammenlief, hat sich die Truppe nie endgültig aufgegeben. Man nimmt eben mit, was man mitnehmen kann.

Und wer vorher so emsig Punkte gesammelt hat und – egal was passiert – mindestens zehn weitere Tage von ganz oben grüßt, hat einfach keinen Rundumschlag verdient. Also: Einmal kurz drohend die Rute erheben und diese dann auf Stand-by gestellt wieder einpacken. Besinnlichkeit kann spätestens auf der Weihnachtsfeier noch auf der Tagesordnung stehen. Und wenn die Fohlen in den zwei Spielen bis dahin artig sind, werden die Geschenke vom Christkind auch entsprechend üppig ausfallen.

Mannschaft der Stunde (6)

Werder Bremen: Stuttgart stand in den Startlöchern, den Blick voll auf den Titel "Mannschaft der Stunde" gerichtet. Doch dann haben sie's selber vermasselt, heute 1:2 zuhause gegen Dortmund. Und so zieht Werder Bremen nach einer Bilderbuchwoche an den Schwaben vorbei und darf sich "Mannschaft der Stunde" nennen.
Relativ holprig ging der Saisonstart der Hanseaten über die Bühne: Nur sieben Punkte aus den ersten fünf Spielen, Platz 13. Dann kam die Bremer Torfabrik, die beste Offensive der letzten Jahre, langsam in Fahrt, mit neuen alten Gesichtern wie Hugo Almeida und dem in Hamburg verschmähten Boubacar Sanogo.
Und egal wo wir die Serie nun ansetzen, es klingt gut: In der Bundesliga zehn Spiele ungeschlagen, acht Siege in dieser Zeit, sieben Mal in den letzten acht Partien als Sieger vom Platz gegangen, gar vier Siege in Folge.
Am Mittwoch der Höhepunkt einer Saison, die nun doch ganz nach dem Geschmack von Klaus Allofs und Thomas Schaaf verläuft: Ein furioses 3:2 gegen das königliche Real Madrid, und das mit einer "Rumpfelf". Jetzt ist sogar das Weiterkommen in der Champions League greifbar.
In Bremen beweinen sie nicht jeden einzelnen Verletzten lauthals in den Medien, sie nehmen's hin, wie es ist und versuchen das beste draus zu machen. Wenn das weiter in solch beeindruckender Manier gelingt, ist Werder definitiv Bayern-Jäger Nummer eins.