Keine Angst, Fußball-Fans können durchaus zählen. In der Ekstase eines ungekannten 4:2-Erfolges ist man schlichtweg nicht mehr so nachtragend.
Der VfL ist wieder da!“ – lautet heute Morgen die Überschrift über dem Spielbericht in der Rheinischen Post. Noch eine Viertelstunde vorher hatte ich unter der Dusche gestanden und mir Gedanken über diesen Post gemacht.
„Als Überschrift könnte ich ja ‚Der VfL ist wieder da!’ nehmen“, hatte ich mir überlegt, schließlich hatten das 26000 Zuschauer gestern nach dem 3:1 durch Rob Friend angestimmt. Und irgendwie stimmt es ja auch: Drei Siege in Folge, zwei Nächte auf einem Aufstiegsplatz – die Borussia ist wieder da.
War es nun Telepathie, hatte ein RP-Späher vor der Badezimmertür gestanden und meinen Gedanken gelauscht oder ist Herr Karsten Kellermann (Autor jenes Artikels in der RP) einfach nur wie ich Borusse durch und durch und war ebenfalls hin und weg vom gestrigen 4:2 Sieg gegen Augsburg?
Wie auch immer, es war auf jeden Fall ein besonderer Abend im Borussia-Park. Dabei ging alles sehr unspektakulär los.
Als ich um 17:18 Uhr meinen Platz in der Nordkurve erreiche herrscht gähnende Leere im weiten Rund. Allein die 14079 Stehplätze im Unterrang sind allesamt belegt, wie immer eigentlich. Und in den verbleibenden 45 Minuten gesellen sich nicht allzu viele hinzu, in der zweiten Halbzeit wird die offizielle Zahl von 26100 Zuschauern verkündet. Eigentlich Bökelberg-Verhältnisse, aber die 25956 Gladbacher (die geschätzten 144 mitgereisten Augsburger abgezogen) erlebten erstens eine Partie, wie man sie lange nicht gesehen hatte und verwandelten den Borussia-Park zweitens in einem Hexenkessel. Übrigens kann der Gästeblock zukünftig an Spieltagen für private Veranstaltungen wie Geburtstage und Hochzeiten gemietet werden. Wehen, Hoffenheim, Augsburg und Koblenz brauchen den Platz ja sowieso nicht.
Friend und Rösler haben die besten Gladbacher Möglichkeiten in ersten Durchgang, vergeben aber aus kurzer Distanz. Auf der anderen Seite köpft Vorbeck Keeper Heimeroth freistehend in die Arme. So neigt sie die erste Hälfte schon ihrem Ende zu, als Oliver Neuville zwei Augsburger düpiert und aus halblinker Position den Ball ins rechte untere Eck schlenzt. 26000 gehen zufrieden ihr Bier und ihre Bratwurst holen, auch wenn die Borussia sich gegen die tief stehenden Gäste nicht gerade ideenreich präsentiert hatte.
Wie ausgewechselt kommen beide Teams aus der Kabine. Der 15. aus Bayern spielt jetzt munter mit, Gladbach ist ebenfalls engagierter, auf beiden Seiten ergeben sich Chancen. Fünf Minuten nach der Pause zieht der erneut bärenstarke Ndjeng eine Flanke von links scharf vor das Tor von Sven Neuhaus. Neuville ist zur Stelle und markiert per Kopf (!) seinen zweiten Treffer. Olli und Kopfballtore, das sieht man ähnlich selten wie früher ein Tor von Berti Vogts in der Nationalmannschaft.
Doch das Glück währt nicht lange. Dreßler köpft nach einer Ecke nur drei Minuten später zum Anschlusstreffer ein, Heimeroth macht in dieser Situation keine gute Figur. Als der Ball sich langsam in den Strafraum senkte, dachte ich mir schon: ‚Aber bitte nicht wieder wie gegen Osnabrück’. Prompt war das Unheil wieder perfekt. Mit einem Unterschied: Anstatt das dünne Polster mit Mann und Maus zu verteidigen, machen die Jungs von Jos Luhukay weiter, was sich schnell auszahlt. Svärd trifft aus der Distanz den linken Pfosten, Friend staubt in Arie van Lent-Manier ab und erzielt sein zweites Saisontor. Spätestens jetzt werden die Häme wie „weißer Kahê“ verhallen. Denn anders als der hat der Kanadier sich endlich warm geschossen und erweist sich mit seiner Kopfballstärke als neue Geheimwaffe im Angriffsspiel.
„Der VfL ist wieder da!“ skandiert die Nordkurve, denn der zweite Heimsieg der Saison scheint perfekt. Denkste! Erneut bringt Christofer Heimeroth den FCA mit einem schweren Schnitzer zurück ins Spiel. In der Folge geht es hin und her, Gladbach drängt auf die Entscheidung, Augsburg will seinem Trainer Rainer Hörgl im 100.Spiel einen Punkt bescheren. Letztendlich findet die Borussia das glücklichere Ende. Joker Nando Rafael, eigentlich als „Chancentod“ und „Abseitskönig“ verschmäht, bleibt Sieger im Laufduell mit einem Gegner und schießt nach schöner Körpertäuschung mit links zum entscheidenden 4:2 ein.
„Gladbach: Viiier! Augsburg: Nuuull“, verkünden die Fans den Spielstand. Zwei blöde Gegentore, die interessieren da niemanden mehr. Überhaupt durften wir Leidgeprüften mit der Raute im Herzen das erste Mal seit Dezember 2005 (4:3 gegen Frankfurt) vier eigene Treffer bejubeln, auch damals steuerte Oliver Neuville einen Doppelpack bei. Nachdem die Borussia in Aue am Montag zum erst dritten Mal in sechs Jahren in der Fremde dreifach getroffen hatte, gab es also nun im eigenen Stadion einiges zu bejubeln.
Als Augsburg mauerte, gewann Gladbach die Hälfte 1:0. Als Augsburg hinten aufmachte mit 3:2. Demnach wird deutlich, dass der Sieg in jeder Hinsicht verdient war.
„Oh, wie ist das schön. Sowas hat man lange nicht gesehen“ – das hatte man wirklich lange nicht. Mein Aberglaube hat uns übrigens den dritten Sieg in Folge beschert: Denn zum dritten Mal in Folge saß ich entweder im Stadion oder vorm Fernseher mit zwei Trikots übereinander. Dem alten weißen von Jever und dem neuen mit dem Kyocera-Schriftzug.
Dieser Aberglaube – im Winter wird er mich wahrscheinlich ins Grab bringen. Denn dann reichen zwei Trikots wohl nicht mehr, um mich vor dem Erfrieren zu bewahren. Es sei denn die Jungs erwärmen unsere Herzen weiterhin so wie gestern Abend.
Samstag, 22. September 2007
Fohlengeflüster (0): "Gladbach: Viiieeer! Augsburg: Nuuuull!"
Eingestellt von Jannik um 22:42
Labels: Gladbach, Zweite Bundesliga
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