Man möchte fast behaupten, die Bayern können sich nicht mit einem profanen Halbfinal-Hinspiel anfreunden, in dem noch längst nicht die Früchte der Arbeit verteilt werden. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie sich von einer technisch und taktisch zwar versierten, aber längst nicht mit großen Namen gespickten Mannschaft in der zweiten Hälfte so abkochen lassen.
Knappe Führung in Hälfte eins, Ausgleich nach zahlreichen vergebenen Chancen in Hälfte zwei – das gab’s gestern nicht zum ersten Mal. Die Bayern haben diese Saison durchaus das ein oder andere Mal bewiesen, dass sie auch international zu neuer Stärke gelangt sind. Leider zeigen sie das nur, wenn sie auch wirklich müssen. Wie gegen Saloniki, in Anderlecht oder zuletzt fünf Minuten lang in Getafe. Und weil ein Hinspiel nicht mehr und nicht weniger als die Weichen fürs Rückspiel legt, durften sie zwar, mussten aber nicht gleich eine Galavorstellung abliefern.
Neben der bayerischen Unfähigkeit in dieser Saison, das enorme Potential auf Knopfdruck abzurufen, ist vor allen Dingen eines aufgefallen: Das Wohl des FC Bayern steht und fällt mit der Leistung von Franck Ribéry und Luca Toni. Wenn Letzterer dann mit einer Gelbsperre auf der Tribüne hockt – dennoch öfter im Bild ist als 50% der Spieler auf dem Platz – und sein französischer Kollege mit ungekannten technischen Nachlässigkeiten aufwartet, ist für den Rekordmeister oft nicht viel zu holen.
Könnte mir zudem vielleicht mal jemand die Elfmetertechnik von Ribéry erklären? Wer eine Anlaufbahn wählt, als wolle er durch die „della Roggia“-Schikane von Monza joggen, der kann wohl kaum mehr als solch einen unplatzierten E-Jugend-Schuss hervorzaubern. Nicht jeder Torwart heißt schließlich Tim Wiese und lässt sich mit dem plumpen Ball in die Mitte aufs Korn nehmen.
Ebenso regte die Leistung unserer deutschen Nationalspieler gestern Abend nicht gerade zu Lobeshymnen und vorzeitigen Siegesfeierplanungen für den Tag nach dem EM-Finale an. Jansen hat sich seit der WM so viel weiterentwickelt wie die Tarifverhandlungen der Post. Allein auf seinem Gehaltszettel sieht es seit letztem Sommer besser aus. Inzwischen hat er, wenn es hoch kommt, drei Offensivaktionen in einer Partie und von den Vorstößen aus Gladbacher Zeiten ist nichts mehr zu sehen. Philipp Lahm spult allzu oft auch nur sein Programm ab. Im Trikot des FC Barcelona kann ich ihn mir nicht so richtig vorstellen. Bastian Schweinsteiger ist jegliche Torgefahr abhanden gekommen. Miroslav Klose lässt ab und an sein Potential wenigstens kurz aufblitzen, wenn auch als Vorbereiter. Und Lukas Podolski hatte zweimal den zweiten Treffer auf dem Fuß, wobei es jetzt müßig ist, darüber zu diskutieren, ob er eine dieser Gelegenheiten mit der Unbekümmertheit vergangener Tage genutzt hätte. Zumindest hat man etwas von ihm gesehen.
Jetzt bleibt zu hoffen, dass Luca Toni im Rückspiel seine Doppelpack-Serie fortsetzt. Franck Ribéry den Wahnsinn dem Genie weichen lässt und seine Schmankerl bzw. waghalsigen Befreiungsaktionen an der Außenlinie, umringt von drei Gegenspielern, auch wieder für Gefahr und nicht allein für Zungenschnalzen sorgen. Und dann hängt zu guter Letzt wieder einiges von der typischen Bayern-Mentalität ab. Denn jemand muss ihnen weiß machen – und dieser jemand wird sich sicherlich finden –, dass sie einfach nur ihr Ding machen müssen und dann zwangsläufig der richtige Weg eingeschlagen wird.
Heimspiele gegen Duisburg und Frankfurt, Auswärtsspiele in Cottbus, Pokalfights in Burghausen, das ist nichts für die Bayern anno 2008. Partien, in denen man sich nur blamieren kann und keine Legenden geboren werden - nein, danke. Topspiele gegen Bremen, die man 4:0 gewinnen kann, dramatische Rettungsaktionen wie beim 3:3 in Getafe – der Schuh passt ihnen schon eher. Und selbst wenn die Kulisse am Donnerstag in St. Petersburg nicht allzu einladend sein wird, geht es dennoch um alles.
Freitag, 25. April 2008
Wat nich mut, dat mut nich
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen