Sonntag, 30. November 2008

Mission 40/15: Apocalypse Now

Gladbach erreicht beim 1:3 gegen Cottbus einen Tiefpunkt à la Rudi Völler und fällt zurück auf einen Relegationsplatz. Was ein Strandkorb in Abidjan, Hulk Hogan und Katja Ebstein dabei für eine Rolle spielten und warum die neonfarbenen Trikots von Cottbus kein triftiger Grund waren, solch eine Offenbarung abzuliefern.

Knapp eine Stunde vor Anpfiff ist der Borussia-Park spärlich bis gar nicht gefüllt. Im weiten Rund dominiert allein das neongrün der zahlreichen Ordnerwesten, die sich von der besitzschalten Leere kontrastreich abheben. Der Oberrang des Gästeblocks könnte indes das Platzproblem einer jeden Hochschule im Nu aus der Welt schaffen. BWL-Vorlesung am Samstag um 15:30 Uhr im Stadion – wäre mal etwas anderes. Den paar hundert Cottbussern, die sich in den Stehblock im Unterrang verirrt haben, würde es mit Sicherheit nichts ausmachen.

Eben jene treuen Anhänger in rot-weiß führen uns gleich zur ersten bestimmenden Frage eines wegweisenden Nachmittages: Warum in aller Welt pilgern zu solch einem wichtigen Spiel gegen einen direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt nur knappe 37.000 Zuschauer in den Borussia-Park? Gladbach gegen Cottbus, das riecht – aus Borussensicht traurig, aber wahr – geradezu nach Abstiegskampf in Reinkultur. Dazu ist es ein arschkalter Samstagnachmittag Ende November, der uns einmal mehr vor Augen führt, was die Outdoor-Austragung von Fußballspielen zur Faszination dieses Sports beiträgt. Zudem liegt ein Sieg gegen Cottbus eher in Reichweite als ein Dreier gegen Bremen, Bayern oder Schalke, die in der Regel für ausverkauftes Haus sorgen. Eigentlich müsste all das auf einen gelegentlichen Stadiongänger noch viel reizvoller wirken als der Lockruf von Toni, Ribéry und Klose. Zumal man in diesem Fall ja auch noch hofft, dass dieses Bayern-Trio einen verdammt schlechten Tag erwischt und plötzlich genauso reizvoll erscheint wie Radeljic, Rangelov, Rost und Konsorten.

Bereits nach zwei Minuten hat Bradley ein weiteres gutes Argument für einen Stadionbesuch gegen Cottbus auf der Stirn: Ein frühes Tor. Doch sein harmloser, geradezu lustloser Kopfball aus vier Metern landet genau in Tremmels Armen. Hans Meyer hat seine Truppe im Vergleich zum impotenten Auftritt auf Schalke diesmal nur auf zwei Positionen verändert. Bezeichnenderweise rückt Voigt schnurstracks vom Wartezimmer des Orthopäden für van den Bergh in die Startelf. Levels macht Platz für Ndjeng, der zuletzt Ende September beim HSV von Beginn an und danach nur noch ganze 50 Minuten auf dem Platz gestanden hatte. Rotation ad absurdum geführt.

Bradleys Großchance kurz nach dem Anpfiff ist lange Zeit das letzte Lebenszeichen der Borussia, die danach in eine Lethargie verfällt, die selbst Hans Meyer nach eigenem Bekunden in seiner 134-jährigen Trainerlaufbahn noch nicht gesehen hat. Cottbus‘ neonorange Trikots werden es wohl kaum gewesen sein, die Gladbach in der Folge jegliche Vitalität raubten – obwohl diese verstrahlte Trikotfarbe eigentlich eine Horde von Atomkraftgegnern auf den Plan rufen müsste. Doch die Fohlen warten vergeblich auf den Castor-Transport aus La Hague. Vielleicht haben sie die radioaktiv anmutenden Cottbusser auch für eine Fraktion der Stadtwerke gehalten, die auf dem Rasen ein wenig aufräumen soll. Nur so lässt sich erklären, warum die Lausitzer eine ganze Halbzeit lang nach Belieben walten dürfen.

Das Spiel der Borussia versprüht zu Beginn so viel Feuer wie ein ausgebrannter Adventskranz. Folglich bahnen sich schon bald Konsequenzen an. Sörensen nutzt Daems‘ großzügigen Begleitservice und sorgt erstmals für Gefahr im Gladbacher Strafraum. Kurz darauf muss Gospodarek einen Kopfball von Rangelov mit einem guten Reflex über die Latte lenken. Und da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, ist das Unheil bereits nach 17 Minuten perfekt: Marin springt hinten rechts für Gohouri ein, der sich in Gedanken am Strand von Abidjan sonnt. Sicher nicht freiwillig, aber dennoch gekonnt verbildlicht der Youngster an der Außenlinie Hans Meyers Kritik an seinen Defensivqualitäten. Sein lässiger Befreiungsversuch wird von Rost abgeblockt. Binnen einer Sekunde sind Marin und Gohouri per Doppelpass düpiert, Iliev zieht mutterseelenallein in Richtung Tor. Die harte Hereingabe befördert Bradley hinter dem hochgesprungenen Rangelov ins Tor. Eine gute Viertelstunde ist vorbei und schon rauscht die Borussia in den größten anzunehmenden Unfall, wenn man zuhause gegen Cottbus spielt: Ein früher Rückstand.

Die Cottbusser Bundesligahistorie hat durchaus schon Spiele erlebt, die die Lausitzer in dieser Konstellation am eigenen Strafraum verharrend über die Bühne gebracht haben. Doch die andauernde Gladbach Passivität lädt sie einfach dazu ein, jegliche Mauertaktiken über den Haufen zu werfen. Andernfalls würden die 37.000 bis zur Halbzeit nämlich ein Revival des Nichtangriffspakts von Gijón erleben. Denn Gladbacher Angriffsversuche machen sich weiterhin rar.

Eine gute halbe Stunde ist rum, als Gospodarek mit einer Glanzparade Stufe zwei der Offenbarung verhindert. Erst kurz vor der Pause meldet sich die Borussia zurück. Ndjeng rappelt sich vom Strandkorb auf, in dem er zuvor mit Gohouri Cocktails am laufenden Band geschlürft hatte. Seine Flanke landet schließlich bei Baumjohann, dessen Schuss gerade so neben das Tor gelenkt wird.

Mit dem Halbzeitpfiff beginne ich bereits die Rückseite des Zettels zu beschreiben, auf dem ich in den letzten 45 Minuten sämtliche Gründe notiert habe, die anders als zuvor erwartet gegen einen Stadionbesuch sprechen, wenn der Gegner am 29.11. Cottbus heißt und die eigene Mannschaft auf Platz 15 weilt. Die Eiseskälte im Borussia-Park ist nur einer von vielen. Vor allen Dingen können die Lausitzer nichts dafür, dass die Temperaturen gefühlte -5 Grad Fahrenheit erreichen. Was jedoch nichts daran ändert, dass ich die Halbzeit auf der Toilette verbringe, die zumindest Raumtemperatur vorweisen kann – reine Erfrierungstodpräventivmaßnahmen. Doch so wohlig es zwischen den Pissoirs und Waschbecken auch gewesen sein mag, umso kälter ist es daraufhin im Block. Alte Schwimmbadregel: Vor dem Sprung ins kalte Becken warm zu duschen, ist vollkommen kontraproduktiv.

Als es um kurz nach halb fünf weiter geht, sind einige nicht mehr mit von der Partie – sowohl auf als auch neben dem Platz. Hunderte strömen bereits in Richtung der Parkplätze. Dabei ist Polen Gladbach wider Erwarten längst noch nicht verloren. Vielleicht stehen auf ihrem virtuellen Zettel aber auch schlichtweg dieselben Argumente wie auf meinem. Solch ein Krampf auf dem Rasen ist eben nichts für leichte Gemüter. Stephen Kings „Shining“ wirkt dagegen wohltuend therapeutisch. Marcel Ndjeng und Gal Alberman haben sich demnach ebenso auf die Wohnzimmercouch zum DVD-Gucken verzogen. Matmour beackert jetzt die rechte Seite. Paauwe rückt auf die Sechserposition, während der 18-jährige Tony Jantschke ein undankbares Bundesligadebüt feiert und die Position in der Innenverteidigung besetzt. Erstmals steht damit ein Borusse in der ersten Mannschaft, der jünger ist als ich. Dass die 37.000 neben und die elf auf dem Platz an diesem Nachmittag verdammt alt aussehen, liegt dennoch nicht am jungen Dresdener.

Hans Meyers voradventliches „Ave Maria“ in der Kabine scheint gleich Früchte zu tragen. Die Borussia spielt plötzlich auf, als habe der Trainer fünfzehn Minuten lang mit dem Defibrillator sein Unwesen getrieben und der Mannschaft neues Leben eingehaucht. Erst vergibt Bradley. Dann findet Baumjohann in Tremmel seinen Meister, nachdem Marin ihn mit einem vergnügungssteuerpflichtigen Pass freigespielt hatte, der fast darüber hinwegsehen lässt, wie dilettantisch er sich vor dem 0:1 verhalten hat.

Doch wie so oft trotzt die Borussia fast im Gegenzug jeglicher Logik. Das Oberwasser ist schlagartig passé. Gohouri scheint nun gar nicht mehr zu wissen, wo er eigentlich ist und was die ganzen Leute hier machen – besonders die in den orangen Trikots. Und bevor es ihm dämmert, ist Sörensen nach Ilievs Steilpass schon in einer anderen Hemisphäre unterwegs und schickt sich an, das 0:1 zu kopieren. Doch diesmal muss er es alleine richten, denn ein Gladbacher Abnehmer ist weit und breit nicht in Sicht. Gegen seinen Lupfer ist Gospodarek vollkommen machtlos. Noch sind 39 Minuten auf der Uhr, was angesichts dieser indiskutablen Leistung der Borussia eher einer Drohung gleichkommt.

Einen einzigen Vorwurf darf man der Borussia jedoch nicht machen: Dass sie nach dem 0:2 vollkommen aufgibt und gänzlich das Gesicht verliert. Ganz im Gegenteil liegt der Anschlusstreffer binnen Minuten in der Luft. Die Cottbusser Abwehr wirkt wie ein vielzitiertes gallisches Dorf, das sich tapfer den Angriffen der römischen Legionen entgegenstemmt und zunächst unterlegen scheint. Nach einer Ecke bekommt Baumjohann eine zweite Chance und flankt auf Gohouris Kopf, der aus dem Kurzurlaub zurückgekehrt ist. Das 1:2 löst zwar noch keine Jubelstürme aus. Doch in dem einen oder anderen Hinterkopf blitzt bereits eine grelle 137 auf. Weitere Parallelen zum Bayern-Spiel sind danach aber nicht mehr auszumachen. Die Cottbusser lassen in Asterix-und-Obelix-Manier nichts anbrennen.

Für Aufregung sorgt ohnehin erst einmal ein ungleiches Tête-à-tête zwischen Cottbus-Keeper Tremmel und Marko Marin. Der schmächtige Gladbacher verpasst dem Torwart fahrlässig einen Bodycheck, als er in vollem Lauf in ihn hineinläuft. Die gelbwürdige Attacke quittiert der Cottbusser Schlussmann mit einem Hulk-Hogan-Gedächtnisangriff, der letztendlich dieselbe Bestrafung erhält wie Marins Eishockey-Ausflug. Nicht gerade eine Szene der Kategorie „spielentscheidend“. In der Folge mussten jedoch gleich zwei Hauptdarsteller wütenden Protesten von den Rängen ins Gesicht blicken. Tremmel hätte mit dem Pfandgeld der fliegenden Plastikbecher die gesamte Mannschaft zum Essen einladen können. Schiri Sippel ist nach dem Wrestling-Match zwischen Tremmel und Marin ebenso der Buhmann, wobei die Cottbusser zu der gleichen Ansicht gelangen könnten. Schließlich hatte er ihnen in der ersten Hälfte einen glasklaren Elfer verwehrt.

Der Ausgleich liegt lange Zeit in der Luft. Rob Friend vergibt dabei gleich ein halbes Dutzend Torchancen. Dass er so viele Gelegenheiten erhält, spricht nicht unbedingt gegen ihn. Dass er so wenige nutzt, dagegen schon. Doch wer notorische Defensivspezialisten wie Energie Cottbus mit einer Taktik zum Mitspielen einlädt, die eher auf die Bayern oder Bremen zugeschnitten wäre, muss sich letztendlich nicht wundern, wenn der Schuss nach hinten losgeht. Friend ist deshalb zu entlasten, weil ihm ein beweglicher Sturmpartner fehlt. Lange Bälle auf den Kanadier haben sich zuletzt nicht gerade als Erfolgsrezept einen Namen gemacht. Und auch gegen Cottbus kommt noch am meisten dabei herum, wenn sich die Borussia auf schnelles Spiel am Boden besinnt.

In der 85. Minute holt Energie jedoch zum Todesstoß aus. Diesmal ist auch Filip Daems einer der Hauptakteure im Gladbacher Pannenkabinett. Offensichtlich hat sich der Belgier von der Desorientierung seiner Nebenleute anstecken lassen. Auch er gab gestern ein erschreckend schwaches Bild ab. An der Außenlinie lassen sich also Daems und Voigt düpieren. Pavicevic zieht in die Mitte und legt ab auf Jula, der zum 1:3 einschiebt. Nachdem das 0:2 noch eine Kopie des ersten Treffers war, trifft Cottbus zum Abschluss – weil’s so schön einfach ist – auch noch spiegelbildlich: Geplänkel an der rechten Außenlinie, ein entschlossener Zug in die Mitte, Querpass, Tor. Zum Glück trifft Tony Jantschke daran keine Schuld. Der 18-jährige lieferte ein ordentliches Debüt ab und darf gerne wieder kommen. Einerseits ist das eine gute Nachricht, andererseits verursacht Jantschkes gelungene Premiere Sorgenfalten: Unter Umständen kommen Meyer, Ziege und Eberl nun auf die Idee, die Defensivmisere mit Leuten aus der eigenen Jugend zu bekämpfen.

Der Kuchen ist also fünf Minuten vor dem Ende endgültig gegessen. Mit Julas Treffer setzt ein wahrer Exodus auf den Rängen ein. Die Zuschauer strömen frustriert und entsprechend bedient zu den Ausgängen, als habe die Borussia eine freiwillige Evakuierungsübung für 17:11 Uhr angesetzt. Alle meine Nebenleute ziehen von dannen. Selbst meine Mutter verlässt mich, so dass ich die letzten Minuten als fußballerischer Halbwaise erlebe. Keine Ahnung, warum ich überhaupt bleibe. Vermutlich, weil ich für diese fünf Minuten vor der Saison umgerechnet einen Euro bezahlt habe. Man muss ja nicht gleich Geschenke verteilen.

Die Reliquien dessen, was sich kurz zuvor noch Nordkurve nannte, stimmen unterdessen in tiefstem Galgenhumor ein nettes Liedchen zur Melodie von „Country Roads“ an: „VfL, wir sind da. Jedes Spiel, ist doch klar! Zweite Liga – tut schon weh. Scheißegal, wird schon geh’n!“ Sozusagen das musikalische Sahnehäubchen (und damit das einzig treffende) auf einem vollkommen angebrannten Kuchen, verseucht von Salmonellen. Unter den Sängern mit dem schwarzen Humor: Meine Mutter, die sich in den Unterrang verzogen hat, um sich dort „mal umzusehen“.

Als Schiri Sippel kurz darauf abpfeift und damit den Deckel des provisorischen Gladbacher Sarges zuschlägt, hält sich das Pfeifkonzert überraschend bedeckt. Dennoch pfeift wohl jeder Zweite – geschätzte 5000 also. Um mich herum herrscht gähnende Leere. Dagegen fühlt man sich in den Weiten der russischen Taiga geradezu eingeengt. Spätestens jetzt wird mir klar, dass ein Spiel gegen Cottbus so ziemlich das letzte ist, was man sich wünschen kann. Daran ist nicht unbedingt das Erscheinungsbild von Cottbus Schuld, sondern die Tatsache, dass eine Niederlage – besonders eine derart verdiente – deutlich schmerzvoller ist als eine einkalkulierte Pleite gegen einen Meisterschaftsanwärter. Eiseskälte, null Punkte, Untergangsstimmung, Fanblockade vor der Geschäftsstelle, Rolle rückwärts auf den Relegationsplatz – so sieht wohl das Gegenteil des Wortes „gelungen“ in Bezug auf einen Nachmittag aus. Wenigstens hat draußen kein Schneefall eingesetzt und die Temperaturen halten sich weiter im niedrigen Minusbereich.

Hans Meyer wirkt im Interview nach dem Spiel überraschend konsterniert. So perplex erlebt man ihn selten. Vermutlich merkt er erst jetzt, wie sehr er die prekäre Lage der Borussia bei seinem Amtsantritt unterschätzt hat. In den Medien ist eigentlich unentwegt von einem Trainer zu lesen, der das Unvermögen seiner Mannschaft beklagt, sich den Kopf zerbricht über nunmehr 30 Gegentore und scheinbar keinen Ausweg weiß. Nach nur sieben Spielen wirkt Meyer bereits aufgebraucht, demotiviert und desillusioniert.

Auf der Gegenseite muss ich an dieser Stelle meine Aussagen von letzter Woche revidieren: Cottbus ist längst nicht dem Untergang geweiht. Die Lausitzer haben gekämpft, gespuckt, gebissen, gefoult und dazwischen ausreichend Fußball gespielt, so dass sie am Ende trotz negativer Torschussbilanz verdient mit drei Zählern nach Hause fahren. Wer bereits nach 68 Minuten Wadenkrämpfe simuliert, um sich dem Abpfiff zu nähern, wer sich permanent vor den Ball stellt oder diesen unauffällig wegkickt, nachdem längst gepfiffen ist, der gewinnt zwar keine Sympathien, aber immerhin Spiele. Und darauf kommt es an. Diese Essenz des Abstiegskampfes ist in Gladbach längst noch nicht angekommen.

Meyers Bilanz weist sieben Zähler aus sieben Spielen auf. Der Trend geht demnach in Richtung 30 Punkte bis zum Saisonende. Diese Zahl scheint momentan zwar zu genügen. Historischen Wert hätte sie jedoch schon. Seit es die Drei-Punkte-Regel gibt, hat das Team knapp über dem Strich nie weniger als 34 Punkte geholt. Uerdingens 32 Zähler aus der Saison 94/95 sind absoluter Negativrekord in 45 Jahren Bundesliga. Bitter genug, dass die Borussia sich derzeit wohl in rekordverdächtigen Sphären bewegen muss, um die Klasse zu halten.

Cottbus schießt zum ersten Mal seit Anfang Februar drei Treffer in einem Bundesligaspiel. Das letzte Drei-Tore-Erlebnis in einem Pflichtspiel gab es Ende September im DFB-Pokal. Über den Gegner von damals ist in diesem Text schon genug geschrieben worden.

Die Gründe für Gladbachs Pleite sind zwar vor allem in der Abwehr zu suchen. Doch trotz zahlreicher Torchancen hat sich auch die Offensive keineswegs mit Ruhm bekleckert. Das Angriffs-Quartett der ersten Hälfte – Friend, Marin, Ndjeng, Baumjohann – brachte lediglich 32 seiner 77 Pässe zum Mitspieler – eine erstaunlich erschreckende Fehlpassquote von 58 Prozent. Ein Armutszeugnis ohne Abstriche.

Das Programm vor und nach der Winterpause weckt indes keine allzu großen Hoffnungen: Leverkusen, Dortmund, Stuttgart, Hoffenheim, Bremen. Zuhause gegen Leverkusen hat die Borussia zu meinen Lebzeiten noch nie gewonnen, in Dortmund das letzte Mal vor zehn Jahren. Den letzten Sieg in Stuttgart gab es 1994, gegen Hoffenheim setzte es in drei Aufeinandertreffen zwei Pleiten. Und auch in Bremen sah es zuletzt meist düster aus: Der letzte Erfolg datiert aus der Saison 1986/87 – immerhin ein 7:1 und damit der höchste Auswärtssieg der Gladbacher Bundesliga-Geschichte. Trotzdem könnte die Borussia, um ganz schwarz zu malen, am Karnevalssamstag Hannover 96 mit weiterhin 11 Punkten empfangen. Selbst 15 Zähler auf dem Konto wären Ende Februar zu wenig. Dass im Schnitt bislang 47.000 Zuschauer in den Borussia-Park gepilgert sind, hat Gladbach wohl allein seiner Historie, seinen leidgeprüften Fans und seinem gefestigten Umfeld zu verdanken. Diese Faktoren sind derzeit das, was diesen Verein am Leben hält.

Allein Katja Ebstein nährt indes die Hoffnungen auf ein anderes Ende als im Abstiegsjahr 2007. Dass die Borussia ihr Schicksal notgedrungen in die Hände eines Schlagers legt, verdeutlicht die vermeintliche Ausweglosigkeit. Doch „Wunder“ gibt es bekanntlich „immer wieder“.

3 Kommentare:

  1. Riesenbericht,hatte wirklich Spaß am Lesen...und das obwohl ich vorher geschworen hätte,dass das Wort "Spaß" in Verbindung mit diesem Spiel vom Samstagnachmittag niemals meine Lippen verlassen wird.
    Weiter so!

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  2. Klasse Bericht! Gerne mehr davon. Dieser Bericht war das beste vom Fußballwochenende. Nicht persönlich nehmen, aber das würde ich lieber über ein Spiel sagen.
    Trotzdem, wer so prima schreiben kann, der muß sich wirklich nur um Borussia Sorgen machen.

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  3. Das "Danke" kommt spät, aber dafür gilt wohl dasselbe wie für die Wende in Sachen Klassenerhalt: besser spät als gar nicht;)

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