Hinten sicher, gelb-rot für St.Pauli, Tor Friend, Tor Rafael, Tor Rösler, Stürmer schonen, 3:0 gewonnen. Es hört sich so einfach an und sah gestern am Millerntor auch phasenweise so aus. Aber…
…jetzt bloß nicht in Selbstzufriedenheit und Größenwahn verfallen (auch bekannt unter dem psychologischen Fachbegriff „Köln-Syndrom“). Obwohl man nach umjubelten vier Siegen in Serie mit 12 eigenen Toren fast nicht anders kann.
In der gesamten letzten Saison – die hatte wohlgemerkt 34 Spiele, woran im Hinblick auf diese Spielzeit noch einmal mahnend erinnert sei – waren die Jungs um Jos Luhukay und (die Älteren werden sich grau erinnern) Jupp Heynckes nur 23 mal erfolgreich. Für 12 Treffer benötigte man damals unfassbare 22 Spiele (vom 13.-34. Spieltag).
Friend staubt ab, weil er dort steht, wo er stehen muss. Neuville mausert sich zum Kopfball-Ungeheuer (Nachlässigkeiten vom Elfmeterpunkt seien verziehen). Sascha Rösler stümpert oft ungelenk im Niemandsland herum und hat trotzdem drei Tore auf seinem Konto. Und selbst der verschmähte Nando Rafael trifft wie in alten Zeiten – ok, sagen wir besser „wie noch nie“ – als Joker. Doch warum ist die Borussia zuletzt so beeindruckend aufgetreten? Was hat sich gegenüber den ersten drei sieglosen Partien geändert?
Zu Beginn griff Jos Luhukay noch auf ein defensiveres 4-2-3-1 zurück, mit dem sich kaum Torchancen ergaben. Jetzt stürmen Friend und Neuville mutig zu zweit, egal ob daheim oder in der Fremde – der große Kanadier glänzt als Ableger, Neuville auch mit 34 noch als Wirbelwind. Dahinter machen Rösler und Ndjeng von Außen mächtig Druck, vor allem letzterer hat jüngst durch fünf Torvorlagen geglänzt. Paauwe macht gemeinsam mit Svärd oder alleine das Mittelfeld dicht und spielt seine Erfahrung aus. Da lassen sich selbst zwei dicke Patzer des Torhüters wie gegen Augsburg verkraften. Und wenn Gohouri und Brouwers so sicher stehen wie gestern, muss es gar nicht erst so weit kommen.
Gegen die Augsburger standen sechs Neuzugänge auf dem Feld, hinzu kamen Heimeroth und Svärd, die letztes Jahr entweder zweite Wahl oder lange verletzt gewesen sind. Charaktertypen wie Voigt und Rösler stehen für eine Borussia, die ihr Gesicht verändert hat im Vergleich zum Vorjahr. Vorbei die Zeit eines überheblichen David Degens, eines geldgierigen Zé Antonio und eines Stolperkönigs Kahê. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase hat die Elf mit der Raute auf der Brust begriffen, wie die Uhren ticken in Liga zwei.
Trotz des Facelifts und der offensichtlichen Typveränderung setzt Gladbach dennoch weiterhin auf die Jugend. Mit van den Bergh, Levels und Marin standen insgesamt drei Mann – oder besser gesagt Jungs – auf dem Platz in St.Pauli, die ihre Schuhe schon in der Jugend für den fünfmaligen deutschen Meister geschnürt haben. Van den Bergh und Levels schon so lange, dass sie sich damals womöglich noch gar nicht selbst die Schuhe binden konnten.
Auch wenn man sich aufgrund der erfolgreichen englischen Woche langsam wünscht, Gladbach würde jeden Tag spielen, damit der Aufstieg schon im Dezember gefeiert werden kann, sollte man sicherlich die Kirche in Hoffenheim lassen. 2005 spielte sich die damalige Elf von Horst Köppel bis auf die Uefa-Cup-Plätze und stürzte in der Rückrunde genauso steil ab, wie es hinauf gegangen war. Letztes Jahr war man im Winter bereits unten drin, es ging jedoch noch weiter runter gen 2.Liga.
Am Freitag heißt es deshalb unbedingt nachlegen und es bedarf immer noch des Beweises dafür, auch gegen die „Großen“ der zweiten Liga gewinnen zu können. In den Derbys gegen Aachen und Köln ist dazu reichlich Gelegenheit vorhanden.
Abgerechnet wird wie immer erst im Mai. Aber über eine kleine September-Euphorie wird sich wohl niemand beklagen wollen, oder?
Samstag, 29. September 2007
Fohlengeflüster (1): Die ungekannte Leichtigkeit des Seins
Eingestellt von Jannik um 22:57
Labels: Gladbach, Zweite Bundesliga
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