Busse, die nicht kommen. Türen, die sich nicht öffnen lassen. Aachener, die es noch einmal spannend machen. Wen kümmert’s, wenn am Ende die Raute auf Platz eins steht?
Mönchengladbach Hauptbahnhof, 20:47 Uhr. Der fünfte Sieg in Serie, das 2:1 gegen Alemania Aachen ist seit einer Stunde perfekt. Auf Gleis 4 warten noch um die 200 Fans in schwarz-weiß-grün, die den Zug zehn Minuten zuvor verpasst haben.
Der Sonderzug fährt ein, eine Waggontür kommt genau vor meiner Nase zum Stehen – nachdem ich zuvor am Stadion zwanzig Minuten auf einen Bus warten musste, kommt das Glück ganz gelegen. Den unhandlichen Türhebel runtergedrückt – nichts. Noch einmal gedrückt – wieder nichts. Im Fenster fällt mir ein gelb-schwarzer (wie passend) Aushang ins Auge. „Türoffner defekt“. Na super, soviel zum „Glück mit der Bahn“. Die macht jedoch alles sofort wieder gut. Durch die nächste Tür stolpere ich mit meinen Eltern und meinem Bruder gleich in die 1.Klasse – bei Fußball-Sonderzügen ist das Fahren mit der Bahn ein vollkommen klassenloses Vergnügen.
„Wenn schon nicht 1.Liga, dann wenigstens 1.Klasse“, denke ich mir, als ich nach mitreißenden und am Ende wieder viel zu spannenden 90 Minuten in meinen Sitz falle. Obwohl ich sagen muss: Diese Zweite Liga gefällt mir von Spiel zu Spiel immer besser…
Nach fünfzehn Minuten fallen wir vor Freude fast vom Ober- in den Unterrang, so sehr nimmt die Borussia den Rivalen aus Aachen auseinander.
Friend hämmert den Ball nach starkem Zusammenspiel von Marin und Voigt bereits in der achten Minute an die Latte. Wenn er den Ball sauber trifft, steht es 1:0. Dann legt Ndjeng sich den Ball an der linken Strafraumecke zurecht. Per Hereingabe hatte er schon fünfmal einen Treffer aufgelegt. Wie immer bahnt sich der Ball mit viel Schnitt seinen Weg in den Strafraum, findet jedoch keinen Abnehmer und…denkt sich: „Dann lande ich doch einfach im Tor!“
50.000 sind aus dem Häuschen, die englische Woche geht blendend weiter. Kurz danach hat Marin, der für van den Bergh in die Mannschaft gerückt war, viel Platz auf links, spielt den Ball in den freien Raum zu Friend und der macht es diesmal besser. Mit rechts den Ball schön über den herauseilenden Straub gelupft, ich bin mir schon sicher, dass der drüber geht, doch dann fällt der Ball ins Netz – 2:0!
Keiner kann es so richtig glauben, eine Viertelstunde erst vorbei und schon scheinbar unaufhaltsam in Front. Fünf Reihen weiter unten signalisiert mir mein Vater mit seinen Fingern: Noch drei! Dann müsste ich mit meinem Bruder zu McDonalds, denn der hatte einfach mal kühn auf einen Kantersieg gewettet.
Rösler kann ein paar Minuten danach auf 3:0 erhöhen, aber das wäre nun wirklich zuviel des Guten gewesen. Aachen lässt in der ersten Hälfte alles vermissen, was man nur annähernd braucht, um auswärts etwas reißen zu können und kann froh sein, dass er zur Pause nur 2:0 steht.
Polanski kommt für den gelb-rot gefährdeten Svärd. Nach einer Stunde nimmt Luhukay den starken, aber auch oft zu eigensinnigen Youngster Marin vom Platz und bringt Johannes van den Bergh, der den Altersschnitt mit seinen 20 Lenzen nur unmerklich anhebt.
In der 64.Minute kommt es zur berühmten Duplizität der Ereignisse, wobei „Quadruplizität“ (falls es das überhaupt gibt) es besser trifft. Wie gegen Osnabrück, Aue und Augsburg lässt die Borussia den Gegner bei eigener 2:0 Führung wieder ins Spiel kommen. Wie aus dem Nichts ist Kolev mit dem Kopf zur Stelle und markiert den Anschlusstreffer. Zwanzig Sekunden lang herrscht Totenstille im Borussia-Park, aber dann bricht es wieder aus den 50.000 heraus. „Vau-Eff-Ell, Vau-Eff-Ell“ versuchen sie die Mannschaft wieder nach vorne zu peitschen.
Nach dem überraschenden Treffer der Aachener wankt die Borussia nur kurz und fällt nicht zu Boden. Krontiris hat den zwar Ausgleich auf dem Fuß, aber am Ende schaukelt Gladbach den fünften Sieg in Folge nach Hause. Der „Goldene September“ ist perfekt!
Sascha Rösler (manno man, ich wusste gar nicht, dass der solch ein Organ hat) stimmt mit der Nordkurve die Humba an, zum ersten Mal in dieser Saison, zum ersten Mal seit dem Last-Minute-Remis gegen Bremen im Februar (ja, so verzweifelt waren wir damals, dass wir nach einem Unentschieden auf der Tribüne rumgehüpft sind). Auf der Video-Leinwand erscheint die Tabelle, die Borussia steht ganz oben. „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ wird angestimmt. Das gab es zuletzt vor genau einem Jahr, damals grüßte man nach dem Sieg gegen Dortmund von oben. Was danach kam, ist bekannt. An eine andere Tabellenführung aus dem August 1998 kann ich mich auch noch sehr gut erinnern. Nach dem 3:0 gegen Schalke zum Auftakt folgte: der Abstieg. Ich will ja jetzt unken…
Dass minutenlang kein Bus zum Bahnhof kommt und dass ich meinen Bruder die ganze Zeit in der Manier eines Kreisläufers beim Handball frei sperren muss, damit er von der wartenden Masse nicht erdrückt wird, macht mir dank dieser unfassbaren Siegesserie auch nichts mehr aus.
Ich habe eingangs gesagt, die Zweite Liga gefalle mir von Spiel zu Spiel immer besser…stimmt auch, aber ehrlich gesagt, will ich nächsten Mai schon gerne wieder aufsteigen. Das ist wie Urlaub: Sehr schön und erholsam, aber lange bleibt man trotzdem nie...
Montag, 1. Oktober 2007
Fohlengeflüster (2):
Goldener September
Eingestellt von Jannik um 23:00
Labels: Gladbach, Zweite Bundesliga
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