Sonntag, 17. Februar 2008

Die Quintessenz im Meisterkampf

Der Rekordmeister grüßt nach 20 Spieltagen von ganz oben - alles andere als eine Überraschung. Dass sich auf den ersten Plätzen sechs Klubs innerhalb von zehn Punkten tummeln, dagegen schon eher. Doch welcher Faktor gibt am Ende den Ausschlag, wenn es ernst wird, wenn die Trauben der Schufterei verteilt werden? Gipfeltreffen oder Pflichtaufgabe?

Die Bundesliga im Februar 2007: Schalke 04 führt die Tabelle drei Punkte vor Werder Bremen an, vier Punkte dahinter ist der VfB Stuttgart höchstens noch in Lauerstellung. Drei Monate später feiern die Schwaben dennoch den Meistertitel. Mit weiteren vier Zählern weniger auf dem Konto weilt der FC Bayern weit abgeschlagen auf Platz vier. Die Hertha befindet sich noch auf Tuchfühlung zum Rekordmeister, dahinter wird es allmählich eng. Bis zum Schlusslicht Hamburg liegen nie mehr als drei Punkte zwischen zwei Tabellennachbarn. Allein das Bild an der Spitze gestaltet sich einigermaßen übersichtlich.

Die Bundesliga im Februar 2008: Die Bayern liegen drei Punkte vor Werder Bremen an der Tabellenspitze. Drei Punkte hinter dem Rivalen aus dem Norden lauert der HSV mit 37 Punkten, Leverkusen und Schalke weilen derzeit punktgleich auf den Plätzen vier und fünf. Mit 33 Zählern befindet sich der Aufsteiger aus Karlsruhe noch in Reichweite der UEFA-Cup-Ränge auf der 6. Im Fall der Fälle könnte das sogar für den UEFA-Cup reichen – nämlich, wenn sich Hamburg und Bayern im DFB-Pokalfinale gegenüber stehen. Auf jeden Fall ist es vergleichsweise eng in den höheren Gefilden der Bundesliga.

Dann folgt ein kleiner Sprung, ein Lücke von vier Punkten, die größte in der gesamten Tabelle. Seit langer Zeit formieren sich erstmals wieder eine klar abgegrenzte Spitzengruppe und ein echtes Mittelfeld – in den letzten Jahren eigentlich ein Fremdwort –, das von Wolfsburg bis zum BVB auf Platz 12 reicht. Bochum und Rostock wähnen sich trotz des scheinbar beruhigenden Polsters auf die rote Zone lange nicht in Sicherheit.

Am Tabellenende stecken derzeit nur vier Teams bis zum Hals im Schlamassel. Man könnte meinen, die einstige Spannung und enorme Anzahl der bedrohten Vereine im Abstiegskampf hat ebenfalls den Weg ins Unterhaus angetreten und bringt nun den ein oder anderen Zweitligafan an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Denn das Rennen um die Aufstiegsränge war dort seit Jahren nicht so eng, offen und voller Überraschungen.

Die aktuelle Tabelle der Bundesliga nach dem 20.Spieltag:


Doch um Abstiegsängste, Mittelfeldgeplänkel und vermeintlich dicke Polster soll es jetzt gar nicht gehen, sondern der Blick schweift nach ganz oben. Es geht vielmehr um blanke Zahlen, um die Frage, welche Faktoren im Rennen um die Meisterschaft letztendlich den Ausschlag geben. Wer steht oben? Ein Klub, der fleißig gegen Teams aus den unteren zwei Tabellendritteln seine Punkte einheimst? Oder doch der Verein, der im direkten Vergleich mit den Konkurrenten aus der Spitzengruppe häufiger die Oberhand behält?

Wie die Tabelle, in der nur Partien gegen Teams von Platz 7-18 berücksichtigt werden, zeigt, sind die Unterschiede zwischen den fünf Großen plus Karlsruhe eigentlich zu vernachlässigen, was die Spielen gegen die "Kleinen" angeht.


Anhand der durchschnittlichen Punkteausbeute wird deutlich, dass Leverkusen geringfügig vorne liegt. Aber wie gesagt – geringfügig. Denn im Schnitt holen die Teams von Bayern bis Karlsruhe mindestens zwei Punkte, wenn der Gegner aus unteren Gefilden der Tabelle stammt. Alle bis auf Karlsruhe haben genau neun Siege auf dem Konto. Nur Bremen hat bisher drei Niederlagen einstecken müssen. Die „einfachen“ Spiele machen also keineswegs den Unterschied im Rennen um die vorderen Plätze.

Die Tabelle der Top-Klubs unter sich besitzt dagegen schon ein ganzes Stück mehr Aussagekraft:


Der Rekordmeister und sein ärgster Verfolger Bremen liegen hier deutlich vorne. Der HSV, Bayer und der KSC haben bis dato erst einen Sieg in einem Spitzenspiel eingefahren. Schalke ist sogar noch sieglos. Der Viererbande bleibt im bisherigen Saisonverlauf also nichts anderes übrig, als hoffnungsvoll den leichteren Partien entgegenzublicken, denn gegen die direkten Konkurrenten gibt es meist nichts zu holen.


Bemerkenswert ist die hohe Zahl der Unentschieden – jedes zweite Gipfeltreffen endet remis, bei den anderen Partien ist es nur jedes vierte. Dabei drosseln die Top6 untereinander keineswegs die Risikobereitschaft. Durchschnittlich fallen in Topspielen überraschenderweise ein wenig mehr Tore, als sonst.

Die Bayern haben ihre Spitzenposition demnach den direkten Duell mit Rivale Werder zu verdanken. Nimmt man das 4:0 im Weserstadion und das 1:1 letzte Wochen einmal außer Acht, lägen die beiden Vereine punktgleich mit 39 Punkten auf Platz eins und das Torverhältnis wäre mit 32:9 gegenüber 45:22 ausgeglichen, Werder aufgrund der höheren Anzahl geschossener Tore sogar Tabellenführer. Um den Meistertraum am Leben zu halten, muss Werder also möglichst viele Punkte aus den verbleibenden Spielen gegen Hamburg, Schalke, Karlsruhe und Leverkusen holen. In der Hinrunde waren es deren zehn - eine mehr als ordentliche Ausbeute, die es zu wiederholen gilt.

Den Verfolgern auf den Plätzen drei bis sechs bleibt allem Anschein nach nur der Kampf um die Champions-League-Quali. Für mehr reicht es einfach nicht. Hamburg trifft zu selten, zehrt von seiner starken Defensive. Leverkusen fehlt die Konstanz und ein Erfolgserlebnis gegen die Mitstreiter. Schalke mangelt es entweder an der Risikobereitschaft oder - das Spiel gegen Wolfsburg spricht Bände - die mangelhafte Chancenverwertung bricht den Königsblauen das Genick. Karlsruhe ist meist gut aufgelegt, wenn es drauf ankommt gegen die Klubs, die vor der Saison eher als Konkurrenten erwartet wurden. Nur gegen die Großen sieht die Bilanz der Badener dürftig aus.

Der Titelkampf entwickelt sich mehr und mehr zum Nord-Süd-Gipfel, zum Duell Bremen gegen Bayern. Denn die Gipfeltreffen der Top6 unter sich stellen dieses Jahr eindeutig die Quintessenz im Kampf um die Schale dar. Und diese zwei an der Spitze haben schlichtweg häufiger die Nase vorne, wenn sich alle Welt auf ein „Topspiel“ freut.

PS: Ich bitte die kleinen Grafiken zu entschuldigen und stattdessen deren hohe inhaltliche und strukturelle Qualität zu würdigen ;-). Aber der Blog gibt leider nicht als mehr 400px her in der Breite.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen