Montag, 30. Juni 2008

EM-Tagebuch (42) -
Abschlussprüfung

Es gab nicht viel zu holen für die Nationalelf im Endspiel gegen Spanien. Dementsprechend fallen die Koptnoten aus - nur einer ragt heraus. Jens Lehmann hielt uns lange im Spiel, am Ende waren seine Paraden umsonst.

Lehmann: Sein vielleicht letzter Auftritt im DFB-Dress war richtig gut. Vereitelte viele spanische Chancen – unter anderem ein Eigentor von Metzelder und einen Kopfball von Ramos – und verhinderte, dass das Finale bereits früh für Deutschland gelaufen war. Über seine Rolle beim Gegentreffer lässt streiten – er muss nicht unbedingt raus, wenn, dann nach der Devise „den Ball haben oder drin bleiben“. Ansonsten starker Rückhalt – zum Abschluss eine 2.

Lahm: Erneut Hauptbeteiligter bei einem Gegentor. Nach ordentlichem Beginn mal wieder mit ungewohnten Patzern in der Defensive. Erhielt diesmal keine Chance auf Wiedergutmachung, zur Pause verletzt raus. Sehr schwacher Auftritt – 5.

Mertesacker: Die Zweikampfwerte sprechen mal wieder eine andere Sprache als die Realität. Leistung fügte sich nahtlos ein in eine schwache EM des eigentlich sonst immer souveränen Bremers. Defizite im Sprint und im Aufbauspiel offenbarten sich erneut. Verlor wichtige Zweikämpfe wie z.B. das Kopfballduell gegen Torres, als der den Pfosten traf. Unsicherheitsfaktor – mangelhaft, in Zahlen 5.

Metzelder: Seine Vorstöße sorgten für viel Gefahr – in der eigenen Hälfte, weil er nach den Ballverlusten vorne in der Abwehr fehlte. Nur 44% gewonnene Zweikämpfe. Sinnbildlich eine Szene in Hälfte eins, als Torres ihm auf 30 Metern gefühlte zehn abnahm. Absoluter Wackelkandidat nach der EM, obwohl er immer noch besser spielte, als lange erwartet. Gestern unterirdisch – 5,5.

Friedrich: Gewann kaum einen Zweikampf (nur 2 von 7), unbrauchbar im Spiel nach vorne. Begann stark gegen Österreich und Portugal, danach sehr schwach, gestern nicht besser als 5.

Frings: Mit Kampf wie immer, doch allein das reicht nicht. Zwar mit den meisten Ballkontakten im deutschen Team (68), jedoch ziemlich uneffektiv und blass im Spiel nach vorne. Nicht seine EM. Wie auch, nach dieser Bundesligasaison? 4,5.

Hitzlsperger: Spielte mehrere Fehlpässe, die für viel Gefahr im und am deutschen Strafraum sorgten. Wirkte nervös und der Aufgabe nicht ganz gewachsen. Hatte eine gute Chance auf dem Fuß in Hälfte eins, Ball erreichte gerade das Tor. Stach jedoch nicht heraus aus einer – bis auf Lehmann – sehr schlechten deutschen Mannschaft. Unterm Strich auch für ihn eine 5.

Ballack: Die Wade hielt, Ballack aber nicht das, was er versprach. Wird langsam zum ewigen Zweiten – zwei Champions League-Finals, ein WM-Endspiel, ein DFB-Pokalendspiel, nun auch ein EM-Finale, alle verloren. Gab zwar 2 der nur 4 Torschüsse ab, aber selbst seine Versuche, die Mitspieler mit Aggressivität aufzuwecken, scheiterten kläglich. Sehr wechselhafte EM für ihn, mit keinem guten Ende – 4,5.

Podolski: Schwächste EM-Leistung des kölschen Jungs, ausgerechnet im Finale. Tauchte in der ersten Hälfte wenigstens ab und zu auf, danach wie vom Erdboden verschluckt – 5.

Schweinsteiger: In Hälfte eins noch etwas aktiver als der Rest, fand jedoch über 90 Minuten nicht zu seinem Spiel. Nachdem die letzten Spiele Besserung verhießen, diesmal wieder grausam bei den Standards. Mit so vielen Totalausfällen im Angriff lässt sich kein Titel gewinnen. Auch für Schweinsteiger nicht mehr als eine 4,5.

Klose: Verstolperte die beste Gelegenheit der ersten Hälfte fahrlässig. Mit nur 13 Ballkontakten und ohne Durchsetzungsvermögen im Zweikampf – zu wenig für einen alleinigen Stürmer im 4-2-3-1. Sein Warten auf Fehler der Spanier wurde nicht belohnt, nichts zu holen diesmal für Klose – 5.

Jansen ab 46.: Brachte nach der Pause frischen Wind. Eroberte zwei Bälle mit viel Einsatz. Blieb leider wirkungslos im Spiel nach vorne, auch wenn er es immer wieder versuchte. Später auch hinten nicht mehr ganz so sicher, am Ende noch eine 4.

Kuranyi ab 58.:
Mit unfassbaren 4 Ballkontakten in 35 Minuten Spielzeit. Bekam gar nichts auf die Reihe. Im Gegenteil – noch mit einem üblen Foul gegen Marcos Senna. Darf Gott sei Dank noch bewertet werden – glatte 6.

Gomez ab 79.: Anders als Kuranyi ohne Note. Genauso ohne Ballkontakt! 14 Minuten auf dem Platz und nicht einmal den Fuß ans Leder bekommen. Sinnbildlich für sein verkorkstes Turnier. Braucht noch viel, viel Zeit auf internationaler Ebene.


Aufstellung:
Lehmann – Lahm (46. Jansen), Mertesacker, Metzelder, Friedrich – Frings, Hitzlsperger (58. Kuranyi) – Podolski, Ballack, Schweinsteiger – Klose (79. Gomez)

Tore:
0:1 Fernando Torres (33.)

Gelbe Karten: Ballack, Kuranyi – Fernando Torres, Casillas

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