Was die Bayern in Europa tun, ist wohlgetan. Fragt sich nur, für wen eigentlich außer dem Rekordmeister selbst? Deshalb ist es an der Zeit, ein zweischneidiges Schwert der Abneigung ein für allemal in den Ruhestand zu schicken.
Es gibt Leute, die erlebten am 26. Mai 1999 ein wahres Spektakel der Schadenfreude. Andere dagegen bewegten sich exakt am Gegenpol der Gefühle und machten die bittersten zwei Minuten ihres Lebens durch, als Sheringham und Solksjaer dafür sorgten, dass „Barcelona“ künftig mit „Scheitern in letzter Sekunde“ gleichgesetzt werden sollte. Zwei Jahre später jedoch, genau gesagt am 23. Mai 2001, waren die Rollen vertauscht. Wer sich über Manchesters Last-Minute-Tore in Nou Camp ein Loch in den Bauch gefreut hatte, machte beim Sieg der Bayern über Valencia im Meazza die altbekannte Lineker-Erfahrung des Vereinsfußballs: Ein Spiel dauert 90 Minuten, manchmal auch 120 und von Zeit zu Zeit geht es ins Elfmeterschießen – am Ende gewinnen immer die Bayern. Trotz allem werden nicht wenige Anhänger des Rekordmeisters Oliver Kahns drei gehaltene Elfer auf die Plätze eins bis drei der berauschendsten Momente ihres Fandaseins wählen. So ist das nun einmal mit den Bayern: Sie polarisieren wie eine Blockbatterie.
Dass jene Verrückten, die 1999 mit dem Prädikat „traumatisch“ versehen und 2001 als absolut „gigantisch“ einstufen, von Freitag bis Sonntag nicht unbedingt zu den größten Bayern-Sympathisanten zählen, ist einem gewissen Phänomen geschuldet. Denn ein paar ganz Kühne sind zu dem Schluss gekommen: Was der FCB auf internationalem Parkett tut, ist wohlgetan. Gut fürs Prestige der Bundesliga, gut für die Fünfjahreswertung, gut fürs Allgemeinwohl des deutschen Fußballs. Ganz ehrlich: Ich hab' selbst lang genug dran geglaubt – und zwar bis letzten Freitag um 22:19 Uhr.
Als Luca Toni nach unfreiwilliger Vorarbeit von Ibertsberger zum 2:1 traf und die Liste unverdienter Bayern-Siege um ein weiteres Kapitel bereicherte, war es an der Zeit für eine Erkenntnis. Warum weiterhin einer Mannschaft gegen Bukarest, Bröndby und Barcelona die Daumen drücken, wenn mich jeder einzelne Treffer gegen Hoffenheim, Hamburg und Hannover schon zur Weißglut bringt und unter Umständen noch Stunden später seine Wirkung zeigt. Vor allen Dingen, wenn Bayerns ohrdrehender Italiener sein glückliches Last-Minute-Tor mit einer seltsam-arroganten Geste feiert, die irgendwie an jemanden erinnerte, der mit einem Kärcher-Hochdruckreiniger die heimische Veranda abspritzt.
Was habe ich davon, wenn man in Estland, Portugal und Mazedonien nur Gutes über die Bundesliga erzählt, einen Champions-League-Sieger preist, der zu allem Übel auch noch Bayern München heißt, und deutsche Trikots auf dem Schwarzmarkt an der deutsch-tschechischen Grenzen reißenden Absatz finden? Der UEFA-Koeffizient kann mir ebenso schnuppe sein, solange Gladbach am Tabellenende rumdümpelt und von einem Europacupplatz so weit weg ist wie Flensburg von Garmisch. Und meinetwegen dürfen die Bayern auf ihrem Weg zum Scheitern in Europa sogar das eine oder andere Tor erzielen – solange der Schütze Klose, Schweinsteiger oder Lahm heißt (ach ja, und Podolski natürlich). Toni, Ribéry, van Bommel und Co. bekommen alle eine Zwangsjacke für die Beine, zu deren Beschaffungskosten ich sogar etwas beisteuern würde.
Also gilt für morgen: Allez Lyon! Und für die Zukunft: Forza, let’s go und venga was da sonst noch kommen mag!
Dienstag, 9. Dezember 2008
Freuverbot – extended version
Eingestellt von Jannik um 22:45
Labels: Bundesliga, Einwurf, Europacup
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