Erfolg macht Lust auf mehr davon. Ein Erfolg wäre ein miterlebtes Auswärtsspiel. Aber da spielt die DFL bis jetzt nicht mit.
Wie ein Kanadier mir den Freitag gerettet hat.
Am 11.Oktober kamen viele Borussen mit Wut im Bauch von der Arbeit oder ärgerten sich zu Tode beim Blick in den Videotext – die DFL hatte die genauen Anstoßzeiten der Partien bis zur Winterpause bekannt gegeben. „Drei, eins, drei“ war in diesem Fall die magische Kombination für die Borussia, die bei genauerer Betrachtung ihre Magie vollends verlor. Denn sie offenbarte, dass Gladbach bis Weihnachten nur noch einmal am Sonntag, dem eigentlich günstigsten Tag antreten durfte. Wenn es eins gibt, das an dieser zweiten Bundesliga momentan nervt, dann sind es Freitagsspiele um 18 Uhr und Montagsspiele um 20:15 Uhr.
„Nie mehr DSF, nie mehr, nie mehr, nie mehr“ war beim Wiederaufstieg 2001 ein beliebter Gesang der Fans, um dem Unmut über diese verflixten Spiele „unter der Woche“ freien Lauf zu lassen. Dass die Spiele gegen Köln, München und Freiburg viele Zuschauer an die Fernsehgeräte locken und daher äußerst lukrativ sind, ist ja durchaus nachvollziehbar. Was das Aufeinandertreffen mit dem Tabellensiebzehnten Jena jedoch zum Topspiel macht, eher weniger. Klar, am Mittwoch geht es nach München, doch die Jungs von Jos Luhukay dürften auch nach einem Spiel über 120 Minuten in der Lage sein, sonntags anzutreten.
Ein ähnliches Ungetüm sind zweifellos die Partien am Freitag. In der kalten Jahreszeit lassen sie uns zwar häufiger in den Genuss eines allzeit beliebten Flutlichtspiels kommen. Aber so groß ist die Sehnsucht nach künstlicher Scheinwerferbestrahlung nun auch wieder nicht. Und so empfangen wir die Kickers Offenbach am 23.11. im Borussia-Park und dürfen genau eine Woche später nach Wehen-Wiesbaden reisen. Letzteres war bis vor kurzem der letzte Strohhalm für meine Freunde und mich gewesen, in der Hoffnung vor Weihnachten noch ein Auswärtsspiel mitzuerleben. Diese Hoffnung ist allen Sprichwörtern zum Trotz wahrhaftig gestorben.
Doch nach dem Höhenflug der letzten Wochen traut man sich kaum noch, dem Ein-Jahres-Praktikum in der 2.Liga überhaupt etwas Negatives abzugewinnen. Erst Recht nach dem Auftritt in Fürth am Freitagabend – auch wenn der Weg auf die Couch vor dem Fernseher alles andere als stressfrei war.
Ausgerechnet am selben Tag muss mein Auto (obwohl meine Mutter bei der Bezeichnung „mein Auto“ wieder Schweißperlen auf der Stirn bekommen wird) seine wohlverdienten Winterreifen bekommen. Und dann stehen am Nachmittag zu allem Übel zwei Stunden Sport auf dem Stundenplan. Nichts gegen den Sportunterricht, aber wenn Gladbach spielt…
Um 17:15 Uhr fahre ich also vollkommen verschwitzt in Sportsachen mit dem Bus nach Hause, wo ich letztendlich erst fünf Minuten vor Anpfiff eintreffe. Das Duschen kann ich mir Gott sei Dank sparen, da ich um 20 Uhr noch Training habe. Die Zweite Liga macht einen zum Schwein.
Und so sitze ich pünktlich zum Anpfiff in Fürth vor dem Fernseher, die Glückskombo grün-weiß wie immer in den letzten sieben Spielen übergestreift. „Grün-weiß“ steht für das neue grüne Auswärtstrikot mit dem älteren weißen Jever-Trikot darunter. Seitdem ich mich vor dem Spiel gegen Osnabrück dem Motto „doppelt hält besser“ zugewandt habe, hat die Borussia sechs von sieben Spielen gewonnen. Aberglaube eben.
Wie beim letzten Auswärtsspiel in Koblenz – dem furiosen Fünf-Chancen-Fünf-Tore Kantersieg – beginnt Gladbach furios. Rösler legt ab auf die Außenbahn zu Vorlagen-König Ndjeng und dessen haargenaue Hereingabe verwertet Rob Friend zum 1:0. Für den Hünen ist es – und das ist relativ überraschend – der erste Kopfballtreffer im Borussen-Dress. Wobei man das ungewohnte hellblau kaum vereinstypisch nennen kann. Ein Laie hätte wohl auch die Fürther in ihrem schwarz-goldenen Trikots zum 1000-jährigen Stadtjubiläum nicht identifizieren können. Aber die Borussia macht auch nach dem frühen Führungstor keine Anstalten, höflich Geschenke zu verteilen – ganz im Gegenteil.
Ich schiebe gerade eine notdürftige Tiefkühlpizza in den Ofen – für mehr bleibt zwischen Schule und Training keine Zeit –, als aus dem Wohnzimmer ein lauter Torschrei ertönt und mir das Blech fast aus der Hand fällt. Mit Topflappen in den Händen eile ich zurück und sehe wie Rob Friend umringt von Mannschaftskollegen sein zweites Tor bejubelt.
Sascha Rösler hatte diesmal auf links den jungen van den Bergh frei gespielt. Dessen flache Flanke war erst an Friends Fuß gelandet und nach einer kleinen Stippvisite an Neuvilles Rücken zum „Linken“ des Kanadiers zurückgekehrt – das 2:0 danach reine Formsache.
Kaum zu glauben. War das 2:2 gegen Köln tatsächlich nicht mehr als eine kurze Zwischenlandung auf einem nicht enden wollenden Höhenflug? Nach 20 Minuten im Playmobilstadion hat es ganz den Anschein. Der fassungslose Blick klebt an der Ergebnisanzeige oben rechts auf dem Bildschirm.
Die erste Halbzeit verläuft danach vergleichsweise ereignisarm. Fürth probiert, Gladbach kontrolliert.
Erst nach der Pause gestaltet sich die Partie etwas offener. Die Fürther – bis dahin am heimischen Ronhof ungeschlagen und mit erst vier Gegentoren – laufen unentwegt an, meist jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Trotz allem steht die Borussia unter Druck und kommt fast nur bei Kontern zu Chancen. Erst vergibt Rösler freistehend aus 11 Metern. Dann bekommt Friend den Ball von einem Fürther (!) mustergültig in den Lauf gespielt, legt wie Oliver Neuville in Koblenz per Hacke auf van den Bergh ab. Doch anstatt den Ball einfach ins Tor zu schieben, spielt der Youngster zurück auf den mittlerweile im Abseits stehenden Kanadier.
Auch danach dasselbe Bild: Fürth versucht weiter das Spiel zu drehen, Gladbach steht hinten hervorragend und lässt wenig zu. Eine traumhafte Kombination entscheidet acht Minuten vor Schluss letztendlich die Partie.
Levels hat sich an der rechten Außenlinie auf Höhe des Strafraums schon fast festgelaufen, kann aber zurückspielen auf den eingewechselten Discogänger Coulibaly, der weiterleitet zu Marcel Ndjeng. Die 23 der Borussia legt mit dem Rücken zum Tor eine traumhafte Drehung um die halbe Achse hin, indem er den Ball mit der Sohle mitnimmt. Was mehr nach Eiskunstlauf anhört, vollendet der Deutsch-Kameruner mit einer punktgenauen Flanke auf Friend, der sich zum dritten Mal auf dem Spielberichtsbogen verewigt. 3:0 – Gladbach glänzt durch Effizienz, wie sie im Buche steht.
Den abschließenden (verdienten) Anschlusstreffer durch Reisinger beschreibt der „Kollege“ vom „Bolzplatz“ sehr treffend: „Scheißegal, scheißegal, scheißegaaal!“
Vielleicht war der von vielen so bezeichnete Dämpfer gegen Köln gar nicht schlecht für den weiteren Verlauf der Hinrunde. Von einer endlosen Siegesserie und der Jagd nach dem Vereinsrekord spricht derzeit niemand mehr. Erst wenn wieder der sechste Sieg in Serie eingefahren ist, wird wieder laut vom Rekord aus den 80ern geträumt. Bis dahin kann es ganz in Ruhe so weitergehen. Zumindest, wenn es nach mir ginge...
Sonntag, 28. Oktober 2007
Fohlengeflüster (5):
Dem Freitag zum Trotz
Eingestellt von Jannik um 21:45
Labels: Gladbach, Zweite Bundesliga
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen