Mittwoch, 16. Januar 2008

Risse in der Wand

Der deutsche Sport steht vor dem nächsten Doping-Skandal. Noch besteht die Hoffnung auf ein großes Missverständnis. Aber wie sieht's eigentlich mit einer Scheinehe Fußball+Doping aus? Warum diese Eskapaden auf'm Platz keine Zukunft haben (dürfen).

Auf der Woge des Erfolges lebt ein Sportfan gemeinhin in einer gläsernen Scheinwelt, die kein Leid, keine Angst, keine Enttäuschung kennt. So lang es läuft, lässt man es auch laufen. Zu schön sind die Stunden im Stadion, vorm Fernseher, vorm Radio, in denen Fünfe grade sind und auf der Welt Frieden herrscht. Wie diese Glücksmomente zustande gekommen sind, traut man sich gar nicht erst zu hinterfragen.

Die Scheinwelt des Radsports ist längst in die bittere Realität zurückgekehrt, nicht erst seit gestern. Seit gestern jedoch setzen selbst die Wände der deutschen Wintersport-Walhalla Schimmel an. Zwar ist nicht bewiesen, dass deutsche Biathleten und Langläufer auf einer Wiener Blutbank das volle Programm betrieben haben und demnach sollte man vorsichtig sein mit vorschnellen Urteilen. Doch zu groß ist die Angst, einmal mehr erkennen zu müssen, dass man jahrelang schlichtweg verarscht worden ist. An die Konsequenzen eines deutschen Dopingskandals im Schnee möchte ich aus neurologischen Gründen erst denken, wenn es so weit sein sollte.

Mit jeder Sportart, die ins Blickfeld der Dopingfahnder rückt, bröckelt ein weiterer Stein von unserer heilen Welt ab. Gewichtheben, Radsport und selbst die einstigen Domänen Leichtathletik und Schwimmen sind mit dem Schatten des Betrugs behaftet. Eine weitere soll sich nicht dazu gesellen, wenn es nur irgendwie einzurichten wäre.
Das ganze Gerede führt unterm Strich auch zur Frage, ob der Fußball jeglicher Art von Doping ein Exerzierfeld bestellen könnte. Einiges spricht dagegen.

Muskelbepackte Steroid-Bomber wären nicht geschmeidig genug. Ego-Gepushte Dauerläufer hätten immer noch 11 Gegner und vor allen Dingen einen Ball, der ihnen am Fuß kleben soll. Zudem ist Fußball ein Mannschaftssport. Ohne mannschaftliche Geschlossenheit im Chemie-Labor ginge da ohnehin nichts. Dass im Keller eines beliebigen Topteams aus einem ebenso beliebigen Land eine hochprofessionelle Blutbank versteckt ist, erscheint derzeit kaum vorstellbar. Aber haben wir Jan Ullrich 1997 nicht auch auf den Champs-Élysées zugejubelt, ohne zu ahnen, mit welchen Mitteln er Alpen und Pyrenäen als Schnellster überquerte?

Dopingszenarien im Fußball will man sich trotz allem nicht ausmalen. Obwohl unsere Nase mittlerweile blutig und verkrustet ist, so häufig sind wir von Sportlern in den letzten Jahren an der selbigen herumgeführt worden.

Ein ernsthafter Dopingsünder im Fußball (ohne blauäugig zu sein: Haarwuchsmittel, Marihuana und Asthmaspray zählen nicht, die würden es beim Familienduell in der Kategorie „Dopingmittel“ nicht einmal unter die Topantworten schaffen) hätte nur Spott und Hohn verdient. In einer Mannschaftssportart, die Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft, Technik, Spielverständnis, Mannschaftstauglichkeit und Disziplin abverlangt, mit unlauteren Mitteln nachzuhelfen, hat dasselbe zur Folge, wie die Verpflichtung eines englischen Keepers: Das pure Verderben.

Zu dieser Meinung gesellt sich zweifelsohne auch ein Stück Engstirnigkeit, hoffentlich jedoch keinerlei Leichtsinn.

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