Freitag, 28. März 2008

Korpulente Macht

Viel sagen, wenig zu sagen haben, viel zerstören, wenig machen– scheinbar das Credo einiger Vereinspräsidenten.

Sie befinden sich in ihren 60ern, sind kurz vor dem Krieg, mittendrin oder unmittelbar danach geboren. Sie brauchen eigentlich ein Handy mit übergroßen Tasten - Anwälte, Steuerberater, Unternehmensmanager kurz vor oder bereits nach der Pensionierung. Sie lieben die Macht, klopfen sich gerne selbst auf die Schulter und stehen einem Bundesliga-Klub vor. Sie alle, sofern die vorher genannten Voraussetzungen erfüllt sind, scheint eines zu vereinen: Sie haben alles, nur keine Ahnung.

Schalkes Präsident Josef Schnusenberg bringt sich kurzerhand ins Gespräch, indem er seinem Trainer verbal und virtuell die Entlassungspapiere ausstellt. Als es dann tatsächlich um Slomkas Job geht, beim Achtelfinal-Rückspiel in Porto, verschwindet Schnusenberg Mitte der zweiten Hälfte in den Katakomben, weil er die Spannung angeblich nicht mehr ertragen könne. Rückgrat und vor allen Dingen Rückendeckung sehen anders aus.

Karl-Heinz Wildmoser, Ex-Präsident der Münchner Löwen, sitzt selbst nicht im Knast. Das Schicksal seines Juniors muss er nicht teilen. Dessen entlastende Aussagen und eine Kaution in sechsstelliger Höhe schufen den Vorwurf der Untreue und Bestechung bei der Auftragsvergabe zum Bau der neuen Allianz-Arena kurzerhand aus der Welt. Schon 2003 war Wildmoser wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Sein Nachfolger Auer und Vize Zehetmair machten es danach nicht viel besser, stellten sich höchstens noch blöder an. Auer glitt im Frühjahr 2004 langsam aber sicher das Ruder des sinkenden Schiffes aus der Hand. Die Sechz’ger stürmten dem Abstieg entgegen. Der ehemalige Landesminister Zehetmair, mit ausgeprägtem Hang zur Profilneurose ausgestattet, verkündete kurz nach der Partie gegen den HSV vor laufenden Kameras, vor aller Welt, nur nicht vorm Coach selbst, dass Falko Götz seines Amtes als Löwen-Trainer enthoben worden sein. Nur hatte der selbst noch keinen blassen Schimmer von seiner bereits vollzogenen Entlassung und sah auf der Pressekonferenz ziemlich alt aus – mindestens so alt wie Auer und Zehetmair zusammen. Die nächsten, die ihren Hut nehmen mussten, waren die bayerischen Stan Laurel und Oliver Hardy selbst. Politik und Fußball – das hat noch nie geklappt.

Michael A. Roths Trainerverschleiß erreicht das Niveau der Reifenverschwendung an einem Formel-Eins Wochenende. Das ist nicht neu. Ein gemachter (Teppich-)Mann wird Vorsitzender eines Fußball-Klub: Das ist ebenso wenig neu. Noch im Mai 2007 hätte er sich bei der Siegerehrung nach dem Nürnberger Pokalsieg wohl am liebsten ganz nach vorne gedrängelt, sich alle Medaillen um den Hals gehängt und den Pokal persönlich als Erster in die Höhe gereckt. Gut, dass er sich allein auf die Schulter geklopft hat. Nachher wäre Icke Häßler am Ende noch einen ganzen Kopf größer gewesen. Heute, kein Jahr später, eilt der „Club“ übrigens dem Abstieg entgegen.

Der VfL Bochum ist seit jeher eine graue Maus, die sich in den letzten beiden Jahren jedoch mit einer herausragenden Transferpolitik und erfrischendem Fußball ohne großes Budget ein edles Fell verdient hat (man ist fast geneigt, den VfL in das „graue Hermelin“ der Bundesliga umzutaufen). Jetzt hat die graue Maus ihren frisch verdienten Pelz jedoch leichtfertig in den Dreck geworfen, als laste der gute Ruf zu sehr auf den schmächtigen, grauen Schultern. Manager Stefan Kuntz geht mit großer Wahrscheinlichkeit zum 1.FC Kaiserslautern (d.h.: unter Umständen in die Regionalliga). Man unkt, er gehe nicht selbst, sondern werde gegangen. Denn Kuntz und Präsident Altegoer sind zwei Männer im Graue-Maus-Verein, mit denen gemeinsam zuletzt anscheinend nicht gut Käse essen war.

Alt, manchmal korrupt, häufiger korpulent, eigentlich immer an Profilneurose leidend und von Beruf [setze gut bezahlten Job ein, der mit Fußball soviel zu tun hat wie England mit der Euro 2008]: Wer weiß, was diese Männer in den Profifußball führt. Es kann nichts Gutes sein.

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