Bislang hat sich Thomas Doll in dieser Saison vielfach mit kompetenten Spielanalysen einen Namen gemacht. Seit heute dürfen wir Ottmar Hitzfeld freudig im Kreis der Nachspiel-Halluzinanten begrüßen.
Dass der FC Bayern in diesem Jahr Deutscher Meister werden wird, haben wir schon letzte Woche geahnt. Dass Mark van Bommel seine Rolle als „Aggressive Leader“ zuletzt häufig falsch interpretiert, wussten wir sogar noch länger. Im Prinzip war Ottmar Hitzfeld heute Abend also der einzige Akteur in und um die Allianz-Arena, der Staub aufgewirbelt hat, der nicht auch schon gestern sein Unwesen in der Münchner Luft trieb.
Schiedsrichter Michael Weiner habe „heute gepfiffen wie beim Frauenfußball“, so der scheidende Coach des Rekordmeisters im Premiere-Interview. Die beiden gelben Karten für van Bommel dienten ihm bei dieser vagen, leicht chauvinistischen Behauptung als Aufhänger. Hitzfeld vergisst dabei leider die beinahe dogmatisch anmutende Tatsache, die im zweiten Satz dieses Posts erwähnt wird
(-> Aggressive Leader).
Ribérys Tanzschritt bei der Ausführung des Elfers, der mehr an Salsa, Samba und Cha-Cha-Cha erinnerte als an fliegende Grasfetzen und Dreck verschmierte Gesichter, fand übrigens keinerlei Erwähnung. Fast verwunderlich. Vor allen Dingen, weil sich niemand über eine Wiederholung hätte beschweren dürfen.
Wohin sich der einstige majestätische Trainerrecke im Designermantel, stets umgeben von einer Aura der Unantastbarkeit, verkrochen hat, bleibt ein Rätsel des 27. Spieltages. Auf der Bayern-Bank sitzt heute nur noch ein alternder Coach, dem ein Vierteljahrhundert Trainergeschäft tief ins Gesicht geschrieben steht. Es klingt zwar vermessen, bei einem 59-jährigen Anflüge von Fußball-Demenz zu diagnostizieren. Aber wer ihn nach einem Tor jubeln sieht, als habe er gerade beim Bingo im Seniorentreff abgeräumt, der fragt sich, ob man nicht auch pfeifen darf „wie beim Frauenfußball“, wenn mitunter gejubelt wird wie im Kreise von lauter Mitsiebzigern.
Michael Henke macht inzwischen jedes Mal den Eindruck, als wolle er Hitzfeld stützend unter die Arme greifen. Uli Hoeneß möchte man fast zurückhalten, wenn er seinem Trainer nach einem Tor um den Hals fällt, und ihm zuflüstern: „Vorsicht, Uli. Du weißt doch. Der Ottmar, der kann nicht mehr so wie früher.“
Dass der sich beim Jubeln übernehmen könnte, ist dagegen ausgeschlossen. Gemach, Herr Hitzfeld, gemach. Vielleicht sollten Sie das auch mal bei der nächsten Spielanalyse beherzigen. Zumal Sie demnächst eine Mannschaft trainieren, die sich erst einmal gegen unsere Frauen-Nationalmannschaft beweisen müsste. Fragen Sie ruhig mal nach bei Köbi Kuhn.
Sonntag, 6. April 2008
Die fabelhafte Welt des Ottmar H.
Eingestellt von Jannik um 20:19
Labels: Bundesliga
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