Donnerstag, 22. Mai 2008

Weltklasse, die

Kai Dittmann bekam gestern gar nicht genug davon, Cristiano Ronaldo als "derzeit besten Fußballer der Welt" in den Himmel zu loben. Dabei ist Weltklasse nicht gleich Weltklasse.

Der gestrige Abend hat einmal mehr gezeigt, dass der beste Fußballer der Welt und der beste Spieler der Welt zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Genauso wie die Oscar-Kategorien "Bester Song" und "Beste Filmmusik".

Cristiano Ronaldo ist unumstritten der beste Fußballer, weil er Dinge mit dem Ball kann, die nur eine handverlesene Anzahl von Fußballern dieser Welt auf die Reihe kriegt, ohne sich sämtliche Bänder zu reißen. Er ist zudem schnell, athletisch und schießt, obwohl er nicht gerade den bulligen Typ Mittelstürmer verkörpert, unzählig viele Tore. Deswegen gibt es keinen anderen Menschen, der das Handwerk selbst so gut beherrscht.

Doch Fußball besteht nicht nur aus Toren, Übersteigern und Tempodribblings. Teamgeist, Disziplin und charakterliche Fähigkeiten machen aus einem guten Fußballer erst einen ebenso guten Spieler. Michael Ballack spielt fußballerisch trotz seiner momentan überragenden Verfassung mit Sicherheit eine ganze Liga unter Cristiano Ronaldo. Aber allein sein verwandelter Elfer, seine Position als Teamleader und seine von enormem Willen zeugende Tränen nach dem Elfmeterschießen lassen den Abstand zum Portugiesen um einiges schrumpfen. Der spielt am Elfmeterpunkt den Kasper, leistet sich das No-Go des Abstoppens und bringt es dann nicht einmal fertig, seinen Schuss zu versenken. Trainer, Fans und Funktionäre verzweifeln daran. Ihn selbst schien das nicht sonderlich zu kümmern. Wie selbstverständlich stolzierte er als Erster die Treppen hoch, um seine Medaille entgegen zu nehmen.

Cristiano Ronaldo wird nie einer für die Kapitänsbinde sein - und wenn, dann trägt er sie nach dem Der-Beste-nimmt-die-Binde-Prinzip. So einem Menschen nach dem Spiel auch noch beim Jubeln zusehen zu müssen, bringt mich zur Weißglut und Verzweiflung. Es gibt eben keine Gerechtigkeit. Ein Ergebnis berechnet sich nicht nach der größeren Anzahl der Torchancen, oder den Sympathiewerten der einzelnen Spieler. Zumal Chelsea ein Pendant zu Cristiano Ronaldo in seinen Reihen hat – Didier Drogba. Weltklasse mit dem Ball und vor dem Tor – unterirdisch in allen anderen Belangen.

Nicht immer wird berücksichtigt, was ein Spieler außerhalb des Strafraums, fernab der Torlinie auf die Beine stellt. Was er sagt, wie er sich gibt, das fließt viel zu selten in die Bewertung ein, wenn der "beste Fußballer der Welt" gekürt wird. Ich prophezeie an dieser Stelle kühn, dass Ronaldo seine Mannschaft weder zum EM-Titel führen noch mehr als drei Treffer erzielen wird.

Denn bei einem großen Turnier sind Kabinettstückchen soviel Wert wie der Rasen im Moskauer Stadion.

3 Kommentare:

  1. Ja, er wird die Mannschaft nicht zum EM-Titel führen können. Aber nicht nur, weil er kein Führer ist, sondern auch, weil es die restliche Mannschaft nicht drauf hat. Gegen einen technisch starken Spieler, der dazu auch noch viele Tore schießt, kann man eigentlich nichts haben. Aber ja, leiden kann ich ihn auch nicht.

    Trotzdem sollten wir uns vielleicht einfach ein Beispiel an Sir Alex Ferguson nehmen, der es ihm eben nicht übel nahm, dass er, trotz des Elfers, als erster die Treppen hoch ging, der ihn fast väterlich in den Arm schloss.
    Ich denke, Sir Alex ist einfach cooler als wir. Er hat erkannt, dass Ronaldo zwar einige Leute wie uns aufregen mag, aber durchaus ein wichtiger Spieler für seine Mannschaft ist und den Club, auch wegen seines Häckmäcks, um einiges attraktiver macht.

    Ich habe hier übrigens auch meinen Senf zum Thema Ronaldo hinterlassen.

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  2. Eigentlich stimme ich da völlig zu.
    Bis auf die Prophezeiung.
    Gottseidank führt nicht CR die Portugiesen, sondern er ist das i-Tüpfelchen auf einer technisch starken, gut durchmischten Mannschaft, die für mich eindeutig zum Favoritenkreis gehört.
    Obwohl sie andauernd unterschätzt und kleingeredet werden, gibt es wenige Mannschaften, die in der jüngeren Vergangenheit so erfolgreich waren (WM2006: Halbfinale, EM2004: Finale, EM2000: Halbfinale)

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  3. Trotzdem bleibt er der Beste, da helfen alle spitzfindigen Haarspaltereien nichts!

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