Dienstag, 23. Dezember 2008

2008x12 – Mai

Entscheidend is auf’m Platzhirsch des Monats:
Baron Pils (ca. 9 Euro die Palette)

Der Beginn des Wonnemonats Mai stand zunächst ganz im Zeichen einer vollendeten Mission. Ziel: Offenbach. Wo "Reisen des Jahres" nunmal hingehen. Das 3:0 der Borussia im Heimspiel gegen Wehen besiegelte die Rückkehr ins Oberhaus und verursachte spontane Aufstiegsfeierlichkeiten auf dem Alten Markt in Mönchengladbach. Nur drei Tage zuvor hatte ich mich mit sechs Freunden auf die Reise des Jahres gemacht.
Aufstehen um kurz nach halb fünf. In den Nachwehen einer tollkühnen Abstiegsfeier mit der Handballmannschaft stand vor dem Komma des Alkoholpegels wohl gerade so eine Null. Geschlafen hatte ich zwei Stunden, weshalb der/das atomar angehauchte „Baron Pils“ nicht so schnell Bekanntschaft mit mir machte.

Spay, Boppard-Bad Salzig, Trechtlingshausen, Budenheim – über die Dörfer ging es in Richtung Offenbach, wo wir alle mit 5000 anderen Borussen das Auswärtsspiel unseres Lebens sahen. 7:1 stand es am Ende, der Aufstieg war mit einem Dreier im nächsten Spiel greifbar. Auf der Rückreise tranken „Baron Pils“ und ich sogar noch Brüderschaft, Sebastian lernte die Vorzüge des hessischen Äppelwoi kennen und ein zugfahrender Mainzer erfuhr am Abend die Bedeutung des Wortes „Demut“. Schon auf der Hinreise war er uns begegnet und hatte todesmutig gefragt, gegen wen Gladbach denn heute verliere. Am Mainzer Hauptbahnhof lief er uns erneut über den Weg. Ein unterwürfiges Nicken, ein kurzes „Glückwunsch“ und schon war er wieder weg. Alles in allem blieb eine Erkenntnis: Auswärtsfahrten – „Das letzte Abenteuer“.

Die letzten beiden Saisonspiele nach der „Es ist vollbracht“-Partie gegen Wehen finden hier nicht einmal Erwähnung. Die Ehe mit der Zweiten Liga ging so schnell vor den Scheidungsrichter, dass sich der ganze Niederrhein Mitte Mai bereits in Liga Eins wähnte.

Am Tag der Abenteuerreise nach Offenbach wurden die Bayern übrigens Meister in Wolfsburg – beim guten Felix Magath im Wohnzimmer. Doch das war genauso spannend und überraschend wie Luftballonaufblasen mit einer Handpumpe. Wenig nervenaufreibend verlief auch das Halbfinal-Rückspiel der Bayern in St. Petersburg. Vor allem die Gastgeber verlebten einen relativ ruhigen Abend beim 4:0. „Cup der Verlierer“ – die einen kommen als Verlierer, die anderen gehen als Verlierer. Für den Rekordmeister aus München galt gleich beides.

Überhaupt war der Europacup neben den Gladbacher Aufstiegsfeierlichkeiten und den EM-Vorbereitungen das Hauptthema im Mai. St. Petersburg krallte sich den „Cup der Verlierer“ im Endspiel gegen die Glasgow Rangers – und keiner hat’s gesehen. „Saufen statt Sat. 1“ lautete das umstrittene Motto, das die Bundes-Drogenbeauftragte Bätzing sofort auf den Plan rufen würde. Mehr Aufmerksamkeit wurde zu Recht dem Champions-League-Finale zwischen ManU und Chelsea zuteil. Wobei die Austragungsorte der Europacup-Endspiele am besten getauscht worden wären. Aus 7200 Reisekilometern für die Anhänger der vier teilnehmenden Klubs hätten dadurch 3420 werden können. Nur die Fans aus Glasgow wären wohl auf die Barrikaden gegangen. Eine provisorische Pendlerpauschale lehnte Finanzminister Steinbrück strikt ab: „Für alle, die noch fest daran glauben: Wir werden die Sauftour schottischer Fans nach Moskau nicht mit Konsumgutscheinen subventionieren.“

War auch gar nicht nötig. Schließlich blieb alles beim Alten. Im Moskauer Lushniki-Stadion lieferten sich Chelsea und ManU ein packendes Finale über 120 Minuten. Erst hieß der Loser des Abends Cristiano Ronaldo (vgl. „Weltklasse, die“). Das ließ Chelseas John Terry jedoch nicht auf sich sitzen und beförderte den entscheidenden Elfer gezielt an den Außenpfosten. Michael Ballack weinte bitterliche Tränen und schwor sich an diesem Abend: Dieses Jahr lasse ich mir gar nichts mehr gefallen. Ein Mann, ein Wort.

Was sonst noch geschah: Die kühnen Spielplanpläne der DFL schürten die Angst vor einer „Fußball-Klaustrophobie“ („zehn verschiedene Kombinationen von Tagen und Uhrzeiten […] 720 Minuten Fußball […] 16 von 60 Minuten am Wochenende vor dem Fernseher"). Die Bayern behaupteten den Titel des Rekordvizemeisters. Doch der Vize-Rekordvizemeister aus Bremen (jawoll, nicht Schalke) holte auf. Falls Werder irgendwann einmal wieder die Schale holen sollte, winkt ihnen ein zweiter Stern auf dem Trikot. Die „Star- Spangled“ Bayern sicherten sich derweil ihren vierten, während das deutsche Vergabeprinzip bei den Glasgower Vereinen den Cholesterinspielen erhöht. Wenig zu feiern gab es für Alexanders Löbe, der den neunten Abstieg seiner Karriere erlebte. Vier in Folge – einfach unerreicht. Der Mann ist ein wahres Strichmännchen.

Der BVB bekam noch schnell die Auszeichnung als „Vorzeigetrainervernichtungsanlage“ verliehen (nur echt mit den 33 Buchstaben) und schon ging’s hinein ins EM-Vergnügen. Mein herzergreifendes Plädoyer und die erbarmungslose Durchsetzung des Löw’schen "Leischtungsprinzips" verschafften Oliver Neuville einen Platz im EM-Kader. Marin, Jones und Helmes fielen durch den Re-Call. Anders als David Odonkor. Kommentar zu seiner Nominierung: „David Odonkor ist dabei in diesem Jahr wie eine Wollunterhose von Tante Gaby, mit der fest zu rechnen war, die man aber nicht einmal jemandem wünscht, der ansonsten gar keine Geschenke bekommt.“

Das Vorbereitungsspiel gegen Weißrussland roch noch schwer nach 2000 und 2004. Das 2:1 gegen die Serben, die doch nicht die erhofften Kroaten waren… naja, das eigentlich auch. Olli rettete mit seinem Tor, was zu retten war. Und Michael Ballack zeigte durch seinen Siegtreffer, dass er es wirklich ernst meinte, mit dem Sich-nichts-gefallen-lassen.

Die Vorhersage des Monats wurde erneut in Bezug auf die anstehende Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz getroffen: „Ich prophezeie an dieser Stelle kühn, dass Ronaldo seine Mannschaft weder zum EM-Titel führen noch mehr als drei Treffer erzielen wird.“
Fand Kai Dittmann als ausgewiesener Ronaldo-Fan gar nicht so lustig und blockierte prompt die Pläne des DFB, den Nullmeridian um vier Grad nach Osten zu verschieben. Deutschland wäre sonst Europameister geworden. Wir erinnern uns.

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